Muscheln

Muscheln sind in der Süßwasseraquaristik nicht sehr weit verbreitet. Tatsächlich eignen sich die meisten Arten auch nicht zur Pflege in Aquarien.
Teich- oder Flussmuscheln können eine ganze Weile überleben, sterben dann aber, weil entweder im Sommer die Temperatur im Aquarium längere Zeit zu hoch sind oder weil sie nicht ausreichend Nahrung bekommen. Muscheln filtrieren ihre Nahrung aus dem Atemwasser und haben in mulm- und algenfreien Becken ohne eine gezielte Fütterung mit Feinfutter aus der Pipette kaum eine Chance. Zerriebenes Trockenfutter wird oft nicht angenommen, sondern wieder ausgestoßen. Algensuspensionen oder gelöste, frische Hefe eignen sich besser. Es ist möglich die Muscheln für eine solche Fütterung ab und an in ein separates Becken zu setzen, damit das Futter nicht das Wasser im Zimmeraquarium trübt.

Körperbau

Malermuschel - Unio pictorum

Diese Malermuschel (Unio pictorum) schiebt ihren Fuß in den Boden und zieht ihr Gehäuse dann nach.
Teichmuschel mit Siphonen

Bei dieser Teichmuschel sind die Siphonen gut zu sehen. Durch die größere Öffnung mit den Fransen strömt das Wasser ein und durch die andere wieder nach draussen.

Muscheln gehören wie die Schnecken zu den Mollusken. Sie haben zwei, meist annähernd gleich geformte Schalenklappen, die durch ein elastisches Band, das Ligament, mit einader verbunden sind. Nahe dem Ligament sitzt der als Wirbel bezeichnete Gehäuseteil. Um diesen Bereich ziehen sich die konzentrischen Wuchslinien. Der Wirbel ist der älteste Schalenbereich. Oft ist er deutlich von der übrigen Schale abgesetzt.
Der Weichkörper der Muschel besteht hauptsächlich aus den Muskeln mit denen das Gehäuse verschlossen wird, den Kiemen, dem Verdauungstrakt und einem flexiblen, zungenförmigen Fußmuskel. Der Fuß dient der Muschel dazu sich in den Boden einzugraben und sich in begrenzten Maße fortzubewegen. Einige Muscheln können durch auf- und zuklappen der Schalen einen Wasserstoß erzeugen und so schwimmen. Am Mantelrand sitzen auf fransigen Anhängen und dazwischen Sinneszellen. Es handelt sich um Chemosensoren und mehr oder weniger gut ausgeprägte Augen.
Einige Arten sind Zwitter, andere getrenntgeschlechtig. Oft werden winzige Larven freigesetzt, die eine Weile schwimmen und dann zum Bodenleben übergehen. Bei einigen Arten leben die Larven einige Wochen oder Monate als Parasiten auf der Haut oder an den Kiemen von Fischen. Andere Arten behalten ihre Eier in Bruttaschen an den Kiemen und setzen voll entwickelte Jungtiere frei.
In Deutschland gibt es etwas mehr als 30 Süßwassermuscheln. Davon stehen 22 Arten auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. 12 dieser Arten sind Erbsenmuscheln (Pisidium sp.).

Körbchenmuscheln - Curbicula sp.

Körbchenmuschel im Aquarium

Diese Körbchenmuscheln werden für das Aquarium angeboten.

Körpchenmuscheln sind kleine kugelige Muscheln. Insgesamt wurden 450 Arten aus dem Süß- und Brackwasser beschrieben. Diese sind weltweit verbreitet und kommen auch in Deutschland vor. Diese Muscheln besiedeln Hafenbecken, Flussmündungen und größere Flüsse. In Seen kommen sie nur im sauerstoffreichen Uferbereich vor. Unter günstigen Bedingungen können mehr als 1000 Tiere pro Quadratmeter leben. Laut GRABOW (2001) sollen im Delta-Mendota-Kanal in Kalifornien 131.000 Tiere pro Quadratmeter gezählt worden sein. Oft werden Gewässer in Kraftwerknähe besiedelt.
In Deutschland kommen zwei Arten vor. Sie haben dicke, gelbliche bis braune Schalen. Der Wirbel ist auf der Mitte der Gehäuselänge. Die Schalen sind dadurch in etwa symmetrisch.
Corbicula fluminea ist eine auf Süßwasser beschränkte Art. Die Außenseite der Schalen ist bei dieser Art fein gerillt. Die Innenseite der Schalen ist weiß bis bläulich. Die Lebenserwartung der Tiere beträgt drei Jahre. Sie haben auf dem Wirbel einen violetten Strich. Der Wirbel ist das Zentrum um das sich die konzentrischen Zuwachslinien bei Muschelschalen bilden. Er liegt am Ligament - dem Band, das die zwei Schalenhälften verbindet.
Corbicula fluminalis hat kräftige Rippen auf der Schale. Sie wird etwa 20 bis 28 mm lang, 20 bis 26 mm hoch und 14 bis 21 mm dick. Diese Art kommt auch in Brackwasser vor. Die Larven entwickeln sich an den Kiemen des Muttertiers bis zum Stadium des Pediveligers. Dieses Stadium hat bereits eine Schale. Es werden also "fertige" Muscheln freigesetzt. Die Tiere können zehn Jahre alt werden.
Beide Arten sind Simultanzwitter, produzieren also gleichzeitig Eizellen und Samen. Sie können durchschnittlich 8.000 Jungtiere pro Jahr hervorbringen. Während der Reproduktionsphase können täglich zwischen 90 und 570 Larven frei gesetzt werden. Diese Larven parasitieren nicht an Fischen. Für die Fortpflanzung sind Temperaturen von 18 bis 19 °C nötig. Geschlechtsreif sind die Tiere bereits ab einer Schalenlänge von 6,5 bis 13 mm. Die Letaltemperaturen liegen unterhalb von 2 °C und oberhalb von 43 °C.
Diese beiden Körbchenmuscheln besiedeln sandige, kiesige, felsige und schlammige Substrate mit ausreichend Sauerstoffgehalt. Sie können gut in Kaltwasser- und in Tropenaquarien gehalten werden, in denen viel gefüttert wird. Ansonsten müssen sie ab und an mit Hilfe einer Pipette mit feinem Futter versorgt werden.
Im Aquarium wird manchmal eine bisher nicht eindeutig identifizierte Asiatische Körbchenmuschel gepflegt. Die Tiere pflanzen sich nur sehr spärlich im Aquarium fort, sind aber wie die zwei oben beschriebenen Arten lebendgebärend. Die Tiere benötigen kiesigen Bodengrund von mindestens 3 oder 4 cm Höhe, damit sie sich gut eingraben können.

australische Körbchenmuschel

Körbchenmuschel Corbicularia australis

In Australien ist die Australische Körbchenmuschel (Corbiculina australis) zum Teil ein Problem. Die Tiere werden bis zu 2 cm groß. Die Jungtiere sind aber so klein, dass sie durch die Filtersiebe von Kühlwasserleitungen passen. Sie besiedeln die Rohre und können den Wasserfluss so stark behindern, dass wirtschaftliche Schäden entstehen. Wir haben einige der kleinen Muscheln im Mullumbimby Creek im Norden von New South Wales gefunden. Dort lebten die Tiere in einer Randzone des Gewässers, in der sich große Mengen von Falllaub gesammelt hatten. Obwohl die verrottende Pflanzenmasse Gase bildete lebten die Muscheln an der Trennzone zwischen dem zersetzen und dem frischen Laub.

Erbsenmuscheln und Kugelmuscheln

Den Körbchenmuscheln sehr ähnlich sind die Erbsen- und Kugelmuscheln (Sphaeriidae). Die Gewöhnliche Kugelmuschel (Spaerium corneum) wird bis 1,2 cm lang, 1 cm hoch und 0,8 cm dick. Ihre dünnwandigen Schale ist gelblich grau bis dunkelbraun, rundlich oval und hoch aufgewölbt. Ihr breiter, aber wenig vorspringender, Wirbel ist etwa in der Mitte. Die Tiere leben in Stillgewässern und Fließgewässern mit schwacher Strömung. Sie sind Zwitter und lebendgebärend. Die Eier entwickeln sich zuerst in Bruttaschen an den Kiemen und bleiben dann noch eine Weile in der Kiemenhöhle. Diese Art ist in Europa recht häufig. Es gibt aus der Gattung aber noch drei weniger häufige Arten.
Bei der Häubchenmuschel (Musculium lacustre) ist der Wirbel in der Schalenmitte und deutlich abgesetzt. Er ist erhöht und wirkt etwas wie eine aufgesetztes Häubchen. Das flache, dünnwandige, weißlich-graue Gehäuse ist 0,7 bis 1,0 cm lang, 0,7 bis 0,8 cm hoch und 0,4 bis 0,5 cm dick. Die Art ist in stehenden und fleißenden Gewässern Europas nicht selten.
Die Große Erbsenmuschel (Pisidium amnicum) ist etwas so groß wie die Häubchenmuschel. Sie wird 0,7 bis 1,1 cm lang, 0,5 bis 0,8 cm breit und 3,5 bis 6 mm dick. Der Wirbel ist bei allen Arten der Gattung deutlich hinter der Schalenmitte. Das feste Gehäuse ist gelblich bis grau braun. Auf der Oberfläche sind deutlich unregelmäßig dicke, konzentrische Wuchslinien. Die Art lebt aus Sand in strömendem Wasser von Bächen, Flüssen und Seen. Es gibt etwa 16 Arten der Gattung in Europa.
Kugel- und Erbsenmuscheln haben einen langen Fuß, der es ihnen ermöglicht auch auf Pflanzen herumzuklettern.

Malermuschel

Das Gehäuse der Malermuschel ist mehr als zweimal so lang wie hoch

Grüne Jademuschel

Dass das Gehäuse dieser Grünen Jademuschel so weit aufklafft, ist kein gutes Zeichen.
Das Tier stirbt oder ist bereits tot.

Weitere Muscheln

Die Wandermuschel oder Dreikantmuschel (Dreissena polymorpha) kommt in fließenden und stehenden Gewässern in Europa und Nordamerika vor. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet umfasst die Zuflüsse des Schwarzen und des Kaspischen Meeres. Wie die Körbchenmuscheln wird sie durch den Schiffsverkehr verbreitet. Sie lebt aber nicht frei in sandigen oder kiesigen Substraten, sondern haftet sich, zum Teil in großen Kolonien, mit Hilfe von Byssusfäden an festen Substraten an. Sie benötigen ebenfalls Nahrung, die sie aus dem Wasser filtrieren können. Bei Temperaturen über 20°C erleiden sie vermutlich starken Sauerstoffmangel und sind darum kaum im Aquarium zu halten. Ich selbst konnte die Tieren nur in ungeheizten Aquarien auf der Fensterbank länger als 14 Tage halten.
Die Tiere sind getrenntgeschlechtig. Ihre Schalen sind - von der Seite betrachtet - typisch dreikantig, mit einem ausgeprägten Kiel. Die Grundfarbe der Schalen ist ein helles Braun. Darüber liegen gebogene und gezackte, dunkelbraune bis schwarze Linien. Die sehr festen Gehäuse werden bis 4 cm lang, 1,8 cm hoch und 2 cm dick. Diese Muschel kommt im Süß- und Brackwasser vor. Im Sommer werden freitreibende Larven abgegeben. Diese gehen aber bereits nach 8 Tagen zum Bodenleben über. Erst leben sie auf weichen Substraten und heften sich dann später an Holz oder Steinen fest. Die Tiere werden etwa 5 bis 10 Jahre alt.
Die Muscheln können Abwasserrohre und Wasserzuleitungen von Kraftwerken verstopfen. Sie heften sich auch an andere Muscheln und an Schnecken an. Diese werden in ihrer natürlichen Bewegung gestört und haben einen höheren Wasserwiderstand.
Weil die Tiere stark filtrieren nehmen sie große Mengen von Schadstoffen aus dem Wasser auf. Das macht sie zu guten Monitoring-Organismen für Gewässerverschmutzung.

Teichmuscheln (Anodonta cygnea)werden bis 20 cm lang, 12 cm hoch und 6 cm dick. Sie wiegen bis zu 1 Kilogramm. Die grtoßen Tiere sind schwer im Aquarium zu pflegen. Sie benötigen viel Nahrung, die sie aus dem Wasser filtrieren. Sie müssen jedoch ausreichend Futter zur Verfügung haben, was bei den Filtrierer schwierig ist. Sie setzen Larven frei, die mehrere Monate an den Flossen von Fischen parasitieren. Die Tiere leben in schlammigen Substraten von stehenden Gewässern.

Die Malermuschel (Unio pictorum) ist ist mit 9 cm Länge, 4 cm Höhe und 3 cm Dicke deutlich kleiner als die Teichmuschel. Der Ober- und der Unterrand der Schale verlaufen fast parallel. Die Tiere kommen in stehenden und langsam fließenden Gewässern vor. Sie sind meist getrenntgeschlechtig. 300.000 bis 400.000 Larven entwickeln sich etwa vier bis sechs Wochen an den Kiemen des Weibchens. Dann werden im Sommer die etwa 0,25 mm große Larven mit dem Atemwasser ausgestoßen und sinken zu Boden. Bodenlebende Fische kommen bei der Nahrungssuche mit den Larven in Kontakt. Diese haken sich an deren Kiemen fest und werden von den Kiemenlappen umwachsen. Nach etwa drei bis zehn Wochen lösen sich die kleinen Muscheln von den Fischen. Geschlechtsreif werden sie im Alter von etwa drei bis vier Jahren. Ihre Lebenserwartung beträgt etwa sieben bis zehn Jahre. Diese Muschel ist selbst Wirt für die Eiablage des Bitterlings (Rhodeus sericeus amarus).

Die Grüne Thaimuschel oder Grüne Jademuschel wird für die Haltung in Aquarien importiert. Teilweise wird sie mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Cristaria discoidea und manchmal als Uniandra contradens angeboten. Die Schalen werden bis 12 cm lang. Da die Tiere Filtrierer sind, ist ihre Ernährung im Aquarium schwierig. Für sie geeignete Nahrungspartiekel werden vom Filter aus dem Wasser entfernt.
Ich kann nicht welche der Bezeichnungen richtig ist oder ob eventuell beide Bezeichnungen nicht stimmen.

Manchmal werden "Farbmuscheln" angeboten. Bei diesen Tieren sind die Gehäuseoberfläche abgeschliffen oder gefärbt. Solche Misshandlung der Tiere ist wie das Tätowieren oder Einfärben von Fischen abzulehnen. Die Praxis darf nicht dadurch unterstützt werden, dass solche Tiere gekauft werden.

Literatur:

H.-J. Paepke (1985): Das Tümpelaquarium.- Neumann Verlag Leipzig

M. Ludwig und andere (2000): Neue Tiere und Pflanzen in der heimischen Natur.- BLV Verlagsgesellschaft mbH

K. Grabow (2001): In 80 Jahren um die Welt.- DATZ 1/2001, 70-72

H. W. Ludwig (2003): Tiere und Pflanzen unserer Gewässer.-BLV Verlagsgesellschaft mbH, München

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