Sprache

geschwungene Linie

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Menschen, ist der Erwerb der Sprache. Sie gilt als Voraussetzung für jede Art von Kultur (Bestattungsriten, Religion). Heute gibt es 5000 verschiedene Sprachen auf der Welt. Aber was ist "Sprache"?

Kommunikation

Die Grundlage der Sprache ist die Kommunikation zwischen Individuen. Diese sind sich ihrer selbst bewußt und können das Verhalten andere Lebewesen deuten und darauf reagieren. Das setzt ein gewisses Maß an Intelligenz und auch an Reflektion voraus. Die meisten Wirbeltiere verfügen über diese Fähigkeiten. Hunde, und im größeren Maße Wölfe, haben ein weites Spektrum an Mimik und können auch über Körperhaltung ihre Stimmung äußern. Ihr Verhalten beeinflusst das Verhalten ihrer Artgenossen. Hunde und Katzen kommunizieren mit dem Menschen. Sie geben Laute von sich und zeigen Verhaltensweisen, die uns dazu veranlassen mit ihnen zu interagieren. Sie deuten auch unsere Körpersprache und den Tonfall unserer Stimme. Ein Hund weiß nicht nur, wer ruft, sondern auch mit welcher Absicht. Er kann am Tonfall des Menschen ablesen ob ihn ein Hundekeks erwartet oder ein Fußtritt.
Rabenvögel entwickeln Strategien, um Probleme zu lösen. Sie benutzen Werkzeuge und täuschen sogar gezielt Artgenossen. Sie gelten darum als recht intelligent. Aber auch wildlebende Singvögel kommunizieren untereinander und auch mit anderen Tieren.

Skalar im Aquarium

Skalare sind intelligent genug, um Symbole zu erkennen und zu deuten.

Mimik, Gestik und auch der Umfang ihrer Lautäußerungen ist begrenzt. Denoch kann man ihnen nicht absprechen, dass auch Meisen und Amseln mit dem Menschen kommunizieren. Zunächst einmal kann man ganz leicht beobachten, dass die Vögel am Vogelhaus die Menschen individuell unterscheiden. Es macht für sie einen Unterschied ob ein Mensch in den Garten kommt, der regelmäßig das Vogelhaus bestückt, oder ein Fremder. Bei einem Fremden fliegen sie weiter weg und kommen auch erst später wieder.
"Unsere" Amsel kommt bis auf anderhalb Meter an uns heran und fixiert uns mit ihrem Blick. Gucken wir zurück bewegt sie sich zum Vogelhaus. Sie fliegt aufs Vogelhausdach und sieht uns wieder an. Sie schaut zwischen uns und dem Vogelhaus hin und her. Wirkt das nicht, wird auch schon mal zwischen Vogelhaus und Mensch hin und her gehüpft. Gehen wir in den Garten schlagen Meisen und Spatzen Alarm und das ganze Vogelvolk versammelt sich in den umliegenden Büschen noch bevor der Futtereimer offen ist. Wir werden ganz schnell uninteressant, sobald das Futter da ist.
Auch die brütenden Meisen kennen uns. Solange wir kein Interesse an dem Nistkasten zeigen fliegen sie knapp an uns vorbei und füttern ihre Jungen, auch wenn wird nur zwei Meter vom Einflugloch entfernt sind. Fixieren wir aber den Nistkasten und beobachten die Tiere, ändert sich ihr Verhalten. Sie stellen das Füttern ein, sitzen zornig tschilpend in den Bäumen über uns und lassen uns nicht aus den Augen. Sie unterscheiden zwischen zugewandten und abgewandten Gesichtern und lesen aus unserer Haltung eine Absicht ab.
Noch erstaunlicher ist das bei Fischen. Ich hatte früher Skalare. Diese südamerikansichen Buntbarsche werden über 10 Jahre alt und sind schlauer als man denkt. Natürlich schießen immer alle Fische sofort an die Wasseroberfläche, wenn man die Abdeckung des Aquariums öffnet. Normalerweise regnet es dann Futter. Wenn man ihnen aber mitteilt, dass es kein Futter geben wird, tun sie das nicht. Ich habe meinen Fischen Spielkarten gezeigt. Sie mussten eine Karo-9 von einer Karo-8 unterscheiden. Ich zeigt ihnen also eine Karte und wartete bis das Tier sich die Karte ansah. Dann habe ich die Abdeckung geöffnet und entweder gefüttert oder nach Zeigen der anderen Karte Reinigungs- oder Wartungsarbeiten durchgeführt. Natürlich ohne vorher Futterdose, Schlauch oder Kescher zu zeigen. Bereits nach wenigen Tagen schossen die Fische beim Anblick der "Futter-Karte" an die Wasseroberfläche noch bevor ich die Abdeckung geöffnet hatte. Zeigte ich die andere Karte, zogen sie sich in eine Ecke unter einen Echinodorus zurück. Andere Spielkarten stießen auf Desinteresse und wurden nach einem kurzen Blick ignoriert. Erstaunlich ist schon, dass die Tiere zwei recht ähnliche Symbole unterscheiden konnten. Noch erstaunlicher ist, dass sie schnell den Zusammenhang erkannten.
Tiere können also nicht lebensnotwendige Signale anderer Lebewesen deuten und darauf reagieren. Jede Tierdressur beruht darauf, dass Tiere unsere Signale verstehen und darauf reagieren. Der Mensch versteht die Signale der Tiere dagegen nur eingeschränkt. Selbst die Körpersprache von Hunden können viele Menschen heute nicht richtig deuten.


Mensch und Mammut

Die Koordination von komplexen Abläufen wie die gemeinsame Jagd auf große Tiere, ist nach Ansicht von Forschern ohne Sprache nicht möglich.

Sprache

Sprache ist komplexer als nonverbale Kommunikation. Sie setzt voraus, dass Gegenständen, Personen oder Handlungen Lautäußerungen, Gesten oder Symbole zugeordnet werden können.
Aber auch mit dieser Fähigkeit stehen wir Menschen nicht allein da. Meerkatzen haben unterschiedliche Warnrufe für Leoparden, Kampfadler und Schlangen. Hören Artgenossen den Ruf reagieren sie gezielt auf die Gefahr. Vor Leoparden flüchten sie auf Bäume. Den Adler suchen sie am Himmel und gegen unter Büschen in Deckung. Von der Schlange wissen sie, dass sie am Boden ist und richten sich auf, um einen besseren Überblick zu bekommen.
Menschenaffen sind in der Lage unsere Sprache zu lernen. Sie könne mit Hilfe von Bildtafeln oder auch in Zeichensprache mit dem Menschen "sprechen".
Sie sind in der Lage den Bezug zwischen dem Wort und dem Gegenstand herzustellen. Wenn man Hunde entsprechend trainiert, haben sie diese Fähigheit aber auch. Der Beweiß ist der Border-Collie ´Rico´ der 200 Gegenstände kennt, unterscheidet und auf Zuruf bringt.
Tiere können also die Signale und Symbole anderer Lebewesen deuten und darauf reagieren. Der entscheidende Schritt für die Entwicklung von Sprache und damit die Fähigkeit von komplexe Vorgänge zu berichten, hat also kaum etwas mit der Intelligenz und der Größe des Gehirns zu tun. Ausschlaggebend sind die körperlichen Voraussetzungen. Gestik und Mimik sind begrenzt. Vielfältige Laute zu erzeugen und Tonlagen und Tonhöhen zu modulieren ermöglicht es ein weites Spektrum an Informationen weiter zu geben. Es ist die Form und die Lage unseres Kehlkopfs in Kombination mit der Form unserer Mundhöhle und der Beweglichkeit unserer Zunge, die es uns ermöglichen zu sprechen.
Kehlkopf und Zungenbein sind bei Fossilien sehr selten erhalten. Meist haben wir von den frühen Hominiden nur Fragmente der Schädel. Es wurde eine Beziehung zwischen der Form der Schädelbasis und der Lage des Kehlkopfs festgestellt (Lewin 1993). Je runder die Schädelbasis ist, desto tiefer liegt der Kehlkopf im Rachen. Dadurch können mehr Laute im Rachenraum erzeugt werden. Frühmenschen mit flachem Schädel (Australopithecus) hatten ein Repertoire an Lauten zur Verfügung, die dem von heutigen Menschenaffen entsprechen. Im Laufe der Evolution wurden die Schädel der Menschen runder und der Kehlkopf wanderte nach unten. Es konnten darum immer mehr Laute erzeugt werden.
Bereits der Homo erectus hatte eine gut gerundete Schädelbasis und war demnach schon in der Lage sehr viel mehr Laute zu erzeugen als ein Affe es vermag. Der Ursprung unserer Sprachfähigkeit wurde demnach vor etwa 2 Millionen Jahren gelegt.
Es wird aber vermutet, dass die frühen Menschen noch nicht in der Lage war alle Vokale zu bilden, die wir heute verwenden. Das muss aber nicht grundsätzlich bedeuten, dass sie nicht sprachen. Alte afrikanische Sprachen, z. B. die der San (Buschmänner), bestehen aus Klick- und Schnalzlauten, die ohne zur Hilfenahme des Kehlkopf im Mund und Rachenraum erzeugt werden.
So oder so: zeitlich fällt die Entwicklung der Sprache mit der Entwicklung des Werkzeuggebrauchs zusammen. Es ist wahrscheinlich, dass ihre Feinheiten sich mit der zunehmend komplexeren Struktur des menschlichen Lebens entwickelt haben. Einen Stein aufzuheben und damit auf eine Nuß zu schlagen setzt nicht voraus dem Steinen einen Laut - eine Bezeichnung - zuzuordnen. Seit der Mensch aber Steine gezielt bearbeitet und damit unterschiedliche Steine bzw. Verwendungen kennt, kann er auch Laute zur Unterscheidung verwendet haben. So wie die Meerkatzen verschiedene Arten von Feinden unterscheiden. Grundlage kann die Immitaion von Geräuschen und Lautmalerei gewesen sein. Dann wäre ein roher Stein zum Zertrümmern von Knochen "Knack", ein Schaber "Schrr" und eine Steinmesser vieleicht "Ssst". Begleitet von Gesten, die Charakteritika von Tieren (Hörner, Rüssel, Trittspuren) oder Tätigkeit immitieren, ermöglicht das schon eine recht umfangreiche Kommunikation. Das Erzählen von Geschichten wird möglich.

Kleinkind

Sprache und Gestik lernen Kinder von ihren Eltern. Sie sind Bestandteil der Kultur und nicht angeboren.

verschiedene Sprachen

Menschen verschiedener Länder und Landesteile sprechen sehr verschieden. Es gibt zahllose Dialekte. Die Sprachmelodien unterscheiden sich und die Laute sind ebenfalls verschieden. Manchmal wird die Bedeutung eines Wortes von der Stimmhöhe bestimmt (z. B. im Chinesischen).
Es wird vermutet, dass der Neandertaler eine weniger ausgeprägte Sprachfähigkeit hatte als der moderne Mensch, weil seine Schädelbasis flacher war und damit vermutlich auch sein Kehlkopf höher saß. Das schließt aber nicht aus, dass er sich die Menschen "unterhalten" hat. Sie trafen auf einander und tauschten Werkzeuge aus. Sie lebten über Jahrtausende zusammen in Europa.
Wandernde Familien der Jungsteinzeit und Händler der Bronzezeit legte weite Strecken zurück und sie werden überall auf Menschen mit anderen Sprachen getroffen sein. Menschen waren also schon immer in der Lage sich die Sprachen andere Völker zu erschließen. Oder waren sich die Sprachen früher vieleicht einfach ähnlicher?
Es ist möglich, dass wir die Sprache gar nicht so schnell entwickelten wie es uns anatomisch möglich gewesen wäre und das die Menschen bis in die Jungsteinzeit eine Sprache verwendet habe, die viele Anteile von Klick- und Schnalzlauten enthielt und nur wenige Vokale.
Man vermutet heute, dass das Volk der San die Nachfahren einer frühen Population des modernen Menschen in Afrika sind. Sie gelten als das älteste Volk mit der ältesten Sprache. Ein kleiner Teil dieser Population von Homo sapiens wanderte nach Europa aus und nahm seine Sprache mit. Das würde bedeuten, dass die frühen Menschen in Europa und Asien ähnlich sprachen wie die San heute. Eine Sprache, die auch der Neandertaler gesprochen haben kann, weil sie keine Vokale enthält.

Die älteste bekannte Schrift stammt aus dem 4 Jahrtausend v. Chr. (Keilschrift, Hyroglyphen). Eine Buchstabenschrift hatten zuerst die Phönizier. Sie verwendeten 1500 - 1200 v. Chr. eine reine Konsonantenschrift. Erst 800 v. Chr. verwendeten die Griechen Zeichen für die Vokale. Welche Bedeutung mögen Vokale da wohl in der Alt- und Jungsteinzeit gehabt haben?
Welche und wieviele Worte waren wohl von Bedeutung? Der deutsche Wortschatz im heutigen Alltag umfasst etwa 75.000 Wörter. Zählt man Fachbegriffe dazu kommt man auf etwa 500.000 Wörter, die ein einzelner Mensch in seiner Sprache kennen kann. Aber unsere Umwelt ist heute deutlich vielfältiger als in der Alsteinzeit. Technische Geräte und Teile von Aparaturen gab es noch nicht. Nicht einmal das Rad war erfunden. In einer weniger komplexen Umwelt mit weniger Komponenten, waren auch weniger Worte und Laute notwendig. Mit jeder neuen Erfindung kamen dann weitere Wörter dazu.
Die Ausbildung unterschiedlicher Sprachen begann vermutlich vor etwa 8.000 bis 10.000 Jahren, als die Menschen sesshaft wurden.
Die Indo-Germanischen Sprachen, zu denen die deutsche Sprache gehört, hat ihren Ursprung vor etwa 4.000 Jahren nördlich zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer. Aus dieser Region wanderten Menschen aus und nahmen ihre Sprache mit. Bis etwa 1.000 v. Chr. erreichten sie Mittel- und Nordeuropa.
Etwa um 500 v. Chr. kam es in Norddeutschland bei den germanischen Völkern zu einer Lautverschiebung bei den Konsonanten und in der Silbenbetonung. Beispielsweise wurde aus dem "p" und dem "ph" ein "f". Der lateinische "pater" wurde zu "fadar" (gotisch). Aus dem "k" und dem "kh" wurde ein weiches "ch". Gleichzeitig verschob sich die Betonung der Wörter von der zweiten Silbe auf die Erste. Bei einer zweiten Lautverschiebung im 7. Jahrhundert n. Chr. entstand das Althochdeutsche. Es wurde aus dem plattdeutschen, angelsächsischen und niederländischen "water" und "maken" "Wasser" und "machen". Die Bezeichnung "Germanen" für Volksstämme in Mitteleuropa und Skandinavien, taucht zum ersten Mal etwa 80 v. Chr. in der griechischen Literatur auf. Aber trotz der Gemeinsamkeiten der Sprache waren die Germanen damals kein vereinigtes Volk.
Sprache war schon immer einem fließendem Wandel unterworfen. Sie wurde mit wandernden Menschen verbreitet und von seßhaften Menschen regional unterschiedlich weiter entwickelt. Für neue Dinge aus anderen Ländern wurden auch neue Begriffe aus anderen Sprachen mit übernommen.
Die Sprache entwickelt sich seit dem Beginn der Menscheitsgeschichte und wird sich auch in Zukunft immer weiter verändern.

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Quellen:

R. Lewin (1993): Die Herkunft des Menschen.- Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin Oxfort

Onlinequellen:

Hund kennt 200 Begriffe

Das Volk der San

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Wortschatz

Proto-Welt-Sprache

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