Nahrungsaufnahme bei Schnecken

geschwungene Linie
Radula
Kiefer Mit der Radula wird die Nahrung ins Maul gezogen und dann mit den Kieferplatten abgeschnitten.

Nahrung und Fressgewohnheiten

Schnecken-Arten sind durch die Anpassung an ihren Lebensraum in ihrer Lebensweise und in ihren Fressgewohnheiten festgelegt. Ihre Raspelzunge, ihre Kiefer und ihr Verdauungstrakt sind auf bestimmte Nahrung spezialisiert und die Schnecken können nicht beliebige andere Nahrung aufnehmen.

Nahrungsaufnahme und Verdauung am Beispiel einer Apfelschnecke

Apfelschnecken verfügen über eine Raspelzunge, eine Radula. Dabei handelt es sich um eine flexible bandartige Membran, die über ein Knorpelstück gespannt ist. Auf der Membran sitzen viele kleine, nach hinten gerichtete Zähnchen. Während des Fressens wird die Radula über eine Kante des Knorpels hin und her bewegt und geknickt. Dadurch richten sich die Zähne auf der Membran auf und spreizen sich ab. Der Radula-Knorpel hat hinten eine Rinne, durch welche die Radula beim Zurückziehen in die Längsrichtung zusammengefaltet wird. Dadurch wird die Nahrung eingeklemmt. Nahe der MundÖffnung liegen über der Radula zwei Kieferplatten. Die sind oben mit einer Membran verbunden und haben vorne mit Chitinstäbchen verstärkte Schneidkanten. Während Nahrung in die Mundhöhle gezogen wird klappen die Kieferplatten zu und schneiden ein Nahrungsstück ab. Dazu benutzt die Schnecke 22 kräftige Muskeln, die den Knorpel, die Radula und die Kiefer bewegen. Dann gelangt die Nahrung in den Schlund (Pharynx). Hier gibt es teilweise kleine Chitinzähne, die beim Schlucken helfen. In den Schlund mündet die Vorderdarmdrüse (Oesophagusdrüse). Hier wird Schleim produziert, der die Nahrungsteile verklebt.
Die Oesophagusdrüse von Kegelschnecken produziert das Gift für die Jagd. Bei schalenbohrende Arten wie Tonnenschnecken wird hier 2 - 4 %ige Schwefelsäure abgegeben.
An den Schlund schließt sich der Vorderdarm an. Hier kann Nahrung einige Tage gespeichert werden. Im vorderen Bereich des Mitteldarms ist eine Erweiterung mit Kauplatten. Hier münden die Mitteldarmdrüsen in den Verdauungstrakt. Sie liefern Verdauungsenzyme und nehmen aus dem erst grob zersetzten Nahrungsbrei Fette, Kohlenhydrate und Kalk auf. Die Mitteldarmdrüsen gehören zu den grÖßten Organen der Schnecke. Bei einigen Nacktkiemern reichen Fortsätze der Mitteldarmdrüse in die fransigen Körperanhänge hinein. Hier werden Nesselzellen aus Beutetieren eingelagert und so für die eigene Verteidigung genutzt. Andere Arten nutzen Chloroplasten aus Algen um Energie aus Licht zu gewinnen. Unverdauliche Nahrungsreste werden über den Enddarm abtransportiert.

Anpassung an das Nahrungsangebot

Abhängig davon, ob die Schneckenarten auf feste Nahrung wie lebendes Pflanzenmaterial spezialisiert sind oder nur weiches, faulendes Material und feinen Detritus fressen, sind die Kieferplatten und die Muskulatur mehr oder weniger stark ausgebildet oder sogar reduziert. Darum können Weidegänger wie Napfschnecken und Sumpfdeckelschnecken nicht einfach bei Nahrungsmangel anfangen die Pflanzen zu fressen. Ihnen fehlen die Kiefer und die notwendige Kraft, um das zu tun. Viele Meeresschnecken sind auf bestimmte Nahrung spezialisiert und haben einen modifizierten Verdauungsapparat. Sie können gar keine Ersatznahrung aufnehmen und verdauen. Werden beispielsweise Raubschnecken wie die Schnegel rein pflanzlich ernährt, werden sie nicht geschlechtsreif.

Radula-Formen

Die bewegliche Radula der Apfelschnecken wird als taenioglosse Radula bezeichnet. Dieser Radula-Typ hat meisten 7 Zähne in einer Querreihe. In der Mitte liegt ein symmetrischer Rhachiszahn. Rechts und links davon steht je ein asymmetrischer, leicht nach hinten gebogene Lateralzahn. Ganz außen liegen auf beiden Seiten zwei nach hinten gebogene Lateralzähne. Daraus ergibt sich die Zahnformel 2-1-1-1-2. Die Marginalzähne sind besonders charakteristisch. Sie sind nur mit einer schmalen Basis an der Radula-Membran verankert. Dadurch können sie weit nach außen gespreizt werden und fegen so die Nahrung regelrecht zusammen. Die Fraßspur hat eine klare Linien in der Mitte (vom Rhachiszahn) und zwei verwischte breite Streifen rechts und links davon. Eine taenioglosse Radula haben zum Beispiel die Apfelschnecken und die Sumpfdeckelschnecken, sowie die Turmdeckelschnecken und die Strandschnecken.

Mikroskopische Aufnahme einer Apfelschnecken-Radula

Ausschnitt aus der Radula einer Spitzen Apfelschnecke. Der zentrale Rhachiszahn ist deutlich zu erkennen.

Napfschnecken haben eine docoglosse Balkenradula. In der Mitte sind 5 oder 5 kleinere Zähne, dann rechts und links davon je ein großer und drei weitere kleine am Rand. Die Zahnformel ist 3-1-4 (bzw. 5) -1-3. Ihre Zähne sind alle unbeweglich. Dadurch besteht die Fraßspur aus parallel verlaufenden Streifen. Andere Weidegänger wie Nixenschnecken, Meerohren, Kreiselschnecken und Turbanschnecken haben eine rhiphidoglosse Radula. Neben dem Rhachiszahn gibt es auf jeder Seite 4 - 5 Lateralzähne und außen bis zu 30 immer kleiner werdende Bürstenzähne. Diese Bürstenzähne häufeln die Algen beim Weiden in der Mitte an, so dass sie dann mit den größeren Zähnen aufgenommen werden können. Bei den Lungenschnecken stehen die Zähne in dichten Reihen auf der Radulamembran.
Bei den Wegschnecken-Arten (Arion sp.) stehen rechts und links vom zentralen Rhachiszahn 40 - 46 Marginalzähne und 20 bis 25 Lateralzähne. Damit ziehen die Tiere Nahrung in ihre Mundhöhle und zerreiben sie an einer quergerippten Kieferplatte an ihrem Gaumen. Bei den Süßwasserlungenschnecken ist die Radulamembran nicht bandartig, sondern löffelförmig. Sie wird mit einem u-förmigen Radulaknorpel über das Substrat geschabt. Dadurch entstehen Spuren, die am vorderen Ende breit und deutlich sind und nach hinten schmaler und undeutlicher werden. Die stenoglosse Radula hat drei große Zähne in einer Reihe. Diese sind an den Spitzen stark gezackt und dienen dazu große Stücke aus der Nahrung zu reißen. Diese Art der Radula ist typisch für Räuber und Aasfresser wie die Wellhornschnecke.
Kegelschnecken fehlt der mittlere Rhachiszahn. Sie haben nur noch zwei Seitenzähne, die zu langen Hohlnadeln mit Widerhaken umgebildet sind. Damit injizieren sie Gift in ihre Beutetiere. Darum wird diese Form als toxoglosse Radula bezeichnet.
Die Radulamembranen sind unterschiedlich lang. Sie tragen 30 bis mehr als 200 Querreihen von Zähnen. Die Länge der Membran und die Zahl der Querreihen hängen vom Radulatyp, von der Schneckenart und vom Alter bzw. der Größe der Tiere ab. Die Spitzen der Zähne weisen Zacken an der Oberkante auf. Diese sind in ihrer Zahl, Größe und Form arttypisch und können zur Artbestimmung herangezogen werden. Die Zähne werden beim Fressen abgenutzt. Darum bilden die Schnecken ständig neue. Sie wandern mit der Radulamembran stetig nach vorne. Bei einer Spitzen Apfelschnecke erneuern sich die Zähne auf diese Weise etwa alle 10 bis 12 Tage vollständig. Einige Schnecken lagern ihre verbrauchten Zähne in einem immer länger werdenden Schlundsack ein (Saccoglossa).
Bei manchen Schnecken fehlt die Radula. Viele Nacktkiemer haben keine. Careoradula perelegans von den Seychellen ist die einzige bekannte Landschnecke ohne Radula.

Verkehrte Welt

Die inneren Organe der Schnecke sind in den Eingeweidesack eingeschlagen. Er erstreckt sich über mehrere Windungen des Gehäuses und ist schraubig gedreht. Die Torsion (Drehung) hat zur Folge, dass ursprünglich paarige Organe wie die Kiemen, die HerzvorhÖfe und die Nieren bei den meisten Schnecken auf nur noch einzeln vorkommen. Lediglich bei den Archeogastropoda findet man sie noch als Paare. Außerdem bewirkt die Drehung des Eingeweidesacks, dass das ursprünglich hintere Ende des Tieres sich bei Gehäuseschnecken nahe dem Kopf befindet. Ihr After ist in der Mantelhöhle, rechts hinter dem Kopf. Bei den Lochschnecken endet der Darm an Öffnung oben im Gehäuse. Bei den Nacktschnecken ist der Hinterausgang tatsächlich hinten.

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