Landwirtschaft

geschwungene Linie

Umweltschutz, Tierschutz, Lebensmittelqualität und Ernährungsweisen sind heute überall Thema. Leider wird dabei immer mehr auf Stimmungsmache gesetzt, als auf Fakten. Der Öffentlichkeit werden werbewirksame Schlagworte vorgesetzt und Empörung geschührt um Mehrheiten für Beschlüsse zu bekommen. Welche Folgen ein Verbot oder eine Vorschrift haben, wissen aber die Wenigsten.
Da wird die Landwirtschaft pauschal für Grundwasserverschmutzung und Artensterben verantwortlich gemacht und ein generelles Verbot von Pflanzenschutzmitteln und Düngern gefordert. Die Flächen sollen extensiviert werden, die Artenvielfalt wieder steigen und Lebensmittel rückstandsfrei werden.
Es wird dabei immer vergessen, ausgeblendet oder ignoriert, dass der jetztige Zustand das Ergebnis einer sehr langen Entwicklung ist. Wir haben uns von Jägern und Sammlern zu seßhaften ackerbaubetreibenden Menschen entwickelt, die zunächst aus ihren Erträgen mit Müh und Not nur den eigenen Bedarf decken konnten. Erst seit dem 19. Jahrhundert produzieren wir in Mitteleuropa genug und ausreichend hochwertige Nahrung, um unsere Bevölkerung ohne Mangel zu ernähren. Das wurde nur durch Düngung und Pflanzenschutz möglich.

Erntemengen

Im frühen Mittelalter um 1000 n. Chr. lag das Verhältnis von Aussaatmenge zu Erntemenge bei etwa 1:3. Das bedeutet, dass aus 1 kg ausgesätem Weizen 3 kg neu heranwuchsen. Davon musste 1 kg für die nächste Aussaat zurückgelegt werden. Von den verbliebenen 2 kg musste der Bauer Abgaben leisten (Steuern zahlen). Das Erntegut war zudem ständig von Ungeziefer und Schimmel bedroht. Da blieb nur wenig für die eigene Ernährung. Ein Grund für das schlechte Verhältnis war die ständige Bedrohung durch Schädlinge und Pflanzenkrankheiten. In einigen Jahren wurden bis zu 50% der Ernte vom Wild zerstört. Dazu kamen Heuschrecken, Käfer, Mäuse, Pilzkrankheiten, Sturm, Hagel und Dürre. Außerdem war der Ertrag durch den Mangel an Pflanzenährstoffen ohnehin sehr gering. Im 12./13. Jhd. stiegen die Erträge auf etwa 1:4. Besser Pflüge erleichterten die Bodenbearbeitung. Es wurden aber auch neue Flächen durch Rodung nutzbar gemacht. Im 19. Jahrhundert, nachdem die Düngung mit Mist, Kalk, Horn- und Knochenmehl eingeführt worden war, betrug das Verhältnis etwa 1:10. Heute erwartet ein Landwirt ein Verhältnis von durchschnittlich 1:25 bis 1:30, auf guten Böden 1:40 (z.B. bei Weizen). 1900 erzeugte ein in der Landwirtschaft Beschäftigter Nahrungsmittel für 4 Personen. Heute ernährt ein Landwirt 131 Personen mit Nahrungsmitteln aus heimischer Produktion. Mit Eiern und Fleisch, die mit Hilfe von importierten Futtermitteln erzeugt wurden, sind es sogar noch mehr.

Deutschland gilt als Industrie-Nation. Wir haben aber auch mit die höchsten Flächenerträge beim Getreide und den Kartoffeln. Eine komplette Umstellung auf Ökolandbau würde die Erträge in Deutschland auf etwa die Hälfte senken. Selbst wenn wir weniger konsumieren und weniger Fleisch, Eier und Milchprodukte essen würden, wären wir auf Importe von konventionell erzeugten Lebensmitteln aus dem Ausland angewiesen. Bio-Erzeugnisse könnten wir aus dem Ausland nicht erwarten. Stellen die übrigen Länder ihre Produktion auch um, wären auch dort die Erträge so gering, dass es nicht für ihre Bevölkerung reicht. Es gäbe also in den Industrienationen nichts zum Exportieren. Ganz zu schweigen von den Ländern, die heute schon nicht genug Nahrungsmittel für ihren Eigenbedarf produzieren können.
In den USA haben Studien ergeben, dass die ökologische Bewirtschaftung dort eine geringere Auswirkungen auf den Ertrag hat. Nur etwa 20 % sind die Eträge ohne Pflanzenschutz und chemische Düngung geringer. In den USA werden aber auch nur rund 3 Tonnen Weizen pro Hektar geerntet und nicht wie bei uns über 7 Tonnen. Auch dort haben Düngung und Pflanzenschutz die Weizenerträge seit 1960 verdoppelt. Aber eben lediglich von etwa 1,6 t/ha auf heute etwa 3 Tonnen pro Hektar. Deutschland steht im Ranking der Länder mit dem höchten Ertrag an Weizen auf Platz 5 der Weltrangliste. Auch die Kartoffelernten sind sehr üppig. Dadurch sind wir in der Lage uns sehr gut selbst zu versorgen. Der Grund liegt nicht allein in den technischen Möglichkeiten der heutigen Landwirtschaft. Wir haben das Glück in einer Region mit fruchtbare Böden und ausreichend Niederschlag zu leben. Wo das nicht der Fall ist, leiden die Menschen bis heute unter Hungersnöten.

Fleisch vs. Getreide

Diskussion über Ernährung sind vielfach von Emotionen gesteuert. Fakten und Zusammenhänge werden dabei meist ignoriert. Beispielsweise ist die Forderung weniger Fleisch zu essen und damit Futtergetreide einzusparen und Anbauflächen zu verkleinern unsinnig. Futtergetreide wird nicht speziell als Viehfutter angebaut. Es handelt sich um Getreide, das keine ausreichend guten Mehle liefert und sich darum nicht zum Backen eignet. Der Marktpreis für das minderwertige Getreide ist teilweise so niedrig, dass der Landwirt es mit Verlust verkaufen müsste. Da macht es mehr Sinn das eigene Getreide an das Vieh zu verfüttern, als teures Futter zu zu kaufen oder die Ernte zu verbrennen oder in Bio-Gas-Anlagen zu entsorgen.
Kraftfutter besteht heute zum großen Teil aus Soja. Sojabohnen werden bei uns nicht angebaut. Soja stammt auch nicht aus Dritte-Welt-Ländern und nimmt auch der dort einheimischen Bevölkerung nicht die Flächen für die Selbstversorgung weg. Soja stammt zum allergrößten Teil aus den USA, Brasilien und Argentinien, die zusammen 78 % der Welt-Soja-Ernte produzieren. Selbst China trägt nur 5 % zur weltweiten Ernte bei. Rund 90% des Sojas wird in Ölmühlen gepresst. Dabei entstehen Soja-Öl (10%) und Soja-Mehl (90%). Soja-Öl ist nach Palmöl das am meisten produzierte und verbrauchte Öl und macht 32% der weltweiten Ölproduktion aus. Das Öl wird zum Kochen, Backen, Braten und als Salatöl verwendet. In den USA sind 75% aller Produkte mit pflanzlichen Ölen aus Soja hergestellt. Soja-Öl gilt als sehr gesund und der Verbrauch steigt ständig. Das Mehl, der Presskuchen bzw. das Schrot ist ein Abfallprodukt der Ölproduktion. Daraus wird zum Beispiel Tofu hergestellt (5%). Der Rest wird als eiweißreicher Zusatz zu Viehfutter gegeben und an Geflügel (46 %), Schweine (25%) und Rinder (20%) verfüttert. Soja-Schrot ist ein billiges Eiweißfutter, weil es als Abfall in der Ölproduktion anfällt. Würden wir es nicht verfüttern, müsste es kompostiert oder auf anderem Wege entsorgt werden. Die Anbaufläche der Soja-Bohne wird aber von der Nachfrage nach dem Öl bestimmt und nicht von der Nachfrage nach Fleisch. Da Palmöl wegen der mit dem Anbau der Palmen verbundenen Umweltzerstörung einen immer schlechteren Ruf hat, wird die Nachfrage nach Soja-Öl weiter steigen. Zudem wird es auch für die Herstellung von Bio-Diesel verwendet um fossile Rohstoffe einzusparen. Zur Zeit steigt die Produktion von Soja-Öl um etwa 5 % jährlich.
Mastfutter oder Kraftfutter für Nutztiere enthält außer dem Futtergetreide und Sojaschrot, Presskuchen aus der Rapsöl-, Maiskeim-, Palmöl-, oder Sonnenblumenöl-Produktion, Melassereste aus der Zuckerproduktion oder Trester aus der Gewinnung von Saft, Bier oder Wein. Nichts davon wird produziert, damit Tiere damit gemästet werden können. Darum hat unser Fleischkonsum auch keinen Einfluss auf die Anbaufläche der für die Futterherstellung verwendenen Pflanzen.

Öko-Sprit verträgt sich nicht mit Ökolandbau

Der Artenrückgang auf den landwirtchaftlichen Flächen und der steigende Einsatz von Glyphosat ist ebenfalls ein häufig geäußerter Kritikpunkt. Beides steht im Zusammenhang mit der stetig steigenden Anbaufläche für Mais und Raps. Die werden als nachwachsender Rohstoff für die Biogas- und Bio-Sprit-Produktion angebaut. Das Gas ist nicht fossilen Ursprungs. Die Anbauweise der Pflanzen ist aber nicht "Bio". Die großen monokulturen leifern uns "Bio"-Diesel, sind selsbt aber ökologisch nicht vertretbar. Auf der einen Seite werden diese intensive Monokulturen subventioniert und auf der anderen Seite Flächenstillegungen gefordert und gefördert. Macht das irgendeinen Sinn?

Infos gefällig?

Ich habe mich etwas mit verschiedenen Aspekten der Landwirtschaft und der menschlichen Ernährung beschäftigt und ein bischen was zusammen getragen. Ihr seit herzlich eingeladen durch die Seiten zu stöbern und auch selbst einen Einblick zu verschaffen.

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Quellen:

Prof. Dr. Peter Weingarten: Landnutzungswandel vor dem Hintergrund der Perspektiven in der Agrar- und Energiepolitik

Mais vertreibt Vögel

Sojaöl

Sojabohne bei Wikipedia

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