Die ersten Fotosynthese betreibenden Lebewesen waren einzellige Bakterien oder Algen, die sich
durch Teilung vermehrten. Nachdem sie Pflanzen das feste Land erobert hatten, erfanden sie die geschlechtliche Fortpflanzung und bildeten
über Jahrmillionen hinweg eine riesige Vielfalt an Blüten, die einzig dem Zweck dienen männliche und weibliche
Geschlechtszellen gezielt mit Hilfe von Wind, Insekten und Wasser zusammen zu bringen. Das Ergebnis dieser Bestäubung sind
vielgestaltige Früchte, die sich mit sehr unterschiedlichen Mechanismen öffnen und ihre Samen entlassen.
Samen sind die Vermerhungseinheiten von Pflanzen. Aber sie sind nicht automatisch auch Saatgut.
Hochwertige Sorten sind über
mehrere Jahre durch ausdauernde, züchterische Arbeit entstanden.
Sie haben Eigenschaften, die eine Kultur und die Ernte erleichtern.
Beispielsweise gibt es Gurken, die statt männlicher und weiblicher
Blüten überwiegend oder nur weibliche Blüten bilden und
ohne Bestäubung Früchte ansetzen. Da aus männlichen
Blüten keine Früchte hervorgehen ist bei diesen Sorten der
Ertrag besonders hoch. Bei Roten Rüben und Mangold bilden immer
mehrere Samen zusammen einen Knäuel. Bis zu 6 Pflanzen gehen aus
einem Knäuel hervor. Nach dem Auflaufen müssen darum immer
zwei bis fünf Pflanzen entfernt werden um den notwenigen
Pflanzenabstand für eine gute Knollenbildung zu erreichen. Es gibt
aber auch dank züchterischer Selektion genetisch monogerme Sorten,
die Einzelblüten bilden und jeweils nur eine Pflanze pro
"Knäuel" entwickeln. Dadurch entfällt die aufwendige
Handarbeit des Verziehens. Technisch mongermes Saatgut wird gespalten
um die Samen zu vereinzeln. Viele gute Salat oder Kohlsorten neigen
kaum dazu Blüten zu
bilden. Da sie nicht "schießen" sind sie länger
erntefähig und können beispielsweise auch über Sommer
angebaut werden. Bei Wintergemüse hat die Selektion besonders
frostharte oder gut lagerbare Sorten hervorgebracht.
Viele neue Sorten sind resistent gegen Krankheiten wie Echten oder Falschen Mehltau, Fettflecken (Bohne), den Welkepilz
Fusarium oder
Viren. Andere sind gegenüber diesen Krankheiten sehr tolerant,
zeigen also erst bei sehr starkem Befallsdruck und unter schlechten
Kulturbedingungen Schäden. So gibt es zum Beispiel Tomatensorten
(´Philovita´, ´Phantasia´,
´Vitella´), die hoch tolerant gegen
Kraut- und
Braunfäule sind. Anfällige Sorten bringen bei Befall keine
Früchte, weil sie schon vor der Ernte absterben. Die
Möhrensorte ´Flayway´ ist tolerant gegen die
Möhrenfliege. Der Rettich ´Neptun´ bekommt nicht so
leicht Rettichschwärze.
Teilweise können mit dem Saatgut Krankheitserreger in den Garten
kommen. Damit das nicht geschieht, wird bei Qualitätssaatgut auf
eine saubere Herkunft geachtet.
All
dass trägt dazu bei, dass bei der Kultur im Hausgarten weniger
oder gar keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen.
Wie entstehen F1-Sorten und warum?
Viele Gemüse und auch Zierpflanzensorten (z. B. bei Sonnenblumen)
entstehen durch Hybridzüchtung. Diese sogenannten "F1-Hybriden"
sind Pflanzen, die wenn man sie mit sich selbst bestäubt, keine
Nachkommen mit den Eigenschaften der Eltern hervorbringen. Sie lassen
sich also nicht sortenrein vermehren. Das ist aber kein Trick der
Saatgutproduzenten um den Nachbau zu verhindern, sondern liegt in der
Herkunft der Sorten bedingt. Gentechnik ist hier übrigens nicht im Spiel (
Pflanzenzüchtung).
Durch die Kreuzung von zwei bestimmten Elternsorten kann man die
gewünschten Eigenschaften der F1-Hybriden sicher erzeugen.
Beispielsweise wird über die ausgewählte Mutter ein guter
Geschmack und vom Vater eine Resistenz gegen einen Pilz vererbt. Die
folgende Generation (Filialgeneration 1) hat dann diese Eigenschaften.
Da sie bei freiem Abblühen aber zum Teil als männlicher und
zum Teil als weiblicher Elternteil fungiert, werden die Karten für
die nachfolgende Generation (F2) neu gemischt. Es entstehen sowohl
Samen mit den Anlagen der F1 als auch solche, die nur einen guten
Geschmack oder die Resistenz oder eben keines von Beidem besitzen. Man
erhält also eine Mischung aus Samen mit gewünschten Anlagen
und mit unerwünschten. Leider sieht man es dem Saatgut von
außen nicht an, was es für Pflanzen hervorbringen wird. Sorten müssen
immer die gleichen Eigenschaften besitzen. Die F2 ist in sich variabel
und dadurch keine Sorte mit definierten Eigenschaften.
In anderen Fällen kann eine Sorte sich selbst gar nicht vermehren.
Beispielsweise gibt es Sorten von Zierpflanzen (Sonnenblumen, Lilien)
die keinen Pollen produzieren. Diese Eigenschaft ist von Vorteil, wenn
man die Pflanzen als Schnittblumen ins Haus holen will. Pollen
färbt sehr stark und lässt sich nicht mehr oder nur sehr
schwer aus Textilien und von MÖbeln entfernen. Ohne Pollen gibt es
aber keine Bestäubung und somit auch keine sortenreinen
Nachkommen. Die Samen der Sonnenblumen lassen sich zwar aussäen,
aber es kommen keine pollenfreien Sonnenblumen mit der gleichen Farbe
wie die Mutterpflanze dabei heraus. Jedenfalls nicht
ausschließlich.

´Firecracker F1´ ist eine pollenlose, mehrtriebige Sonnenblume.
Die Sorte produziert Necktar und wird von Bienen besucht.
Bestäubt werden kann sie aber nur von anderen Sorten, so dass
die Nachkommen nicht die gleichen Eigenschaften haben wie die Mutterpflanze.
Die Sorte kann nur durch gezielte Kreuzungsarbeit erzeugt werden.
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Lilien wie wie ´Stargazer´ haben viel, klebrigen und stark färbenden
Pollen. Er hinterlässt nicht mehr entfernbare Flecken auf
Textilien und MÖbeln. Für die Schnittblumenproduktion wurden
darum Sorten ohne Pollen gezüchtet.
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Um F1-Saatgut zu erzeugen müssen die Blüten der
Mutterpflanzen künstlich bestäubt werden. Bei zwittrigen
Blüten wird dazu der männliche Teil der Blütenanlagen
entfernt, bevor er reif ist. Die Blüte wird dann teilweise in
einen Beutel verpackt, damit keine Insekten unerwünschten Pollen
auf die Narbe bringen können. Wenn die Narbe reif ist, wird sie
mit Pollen, der aus den Blüten der Vatersorte entnommen wurde,
bestäubt. Dazu wird der Pollen mit einem Pinsel auf die Narbe
gestrichen oder Insekten tragen den Pollen vom Vater zur Mutter. Die sicht entwickelnden Früchte werden geerntet,
sobald die Samen voll ausgereift sind. Der ganze Prozess ist sehr aufwendig
und macht das Hybridsaatgut teuer.
Der Aufwand lohnt sich für die Erzeuger aber aus verschiedenen
Gründen. Hauptsächlich werden Gemüse- und Blumensamen
nämlich für den Erwerbsanbau produziert. Der Verkauf als
Portionssaatgut an Hobbygärtner macht nur einen verschwindend
geringen Teil aus. Erwerbsanbauer, die Gurken, Salat, Kohl oder Tomaten
für den Handel produzieren, könnten sehr leicht ihren
Eigenbedarf an Saatgut decken, wenn sie nur einen Teil ihrer
Früchte dazu verwenden. Das Hybridsaatgut eignet sich aber dazu
nicht und muss so jedes Jahr neu eingekauft werden. Dadurch hat der
Saatgutproduzent einen sicheren Markt.
Tipps zum Saatgutkauf
1. Achten Sie auf die angegebene Menge
Vielfach gibt es Irritationen, weil die großen Saatguttüten
eine kleinere Keimschutzpackung enthalten, in der sich dann nur wenig
Saatgut befindet.
Bei Saatgut muss das die enthaltene Menge nicht in Gramm oder Kilogramm
angegeben werden. Nur bei Arten mit sehr großen Samen (Mais,
Erbsen, Bohnen, Prunkbohnen, Dicke Bohnen) und Pflanzen, die
großflächig ausgebracht und in größeren Mengen
benötigt werden (Rasen, Wildblumenmischungen,
Gründüngungspflanzen), wird das gemacht.
Bei Zierpflanzen findet man eine Angabe zur zu erwartende Pflanzenzahl
oder der begrünbaren Fläche. Bei Gemüse ist entweder die
Pflanzenzahl oder die Länge der ausgesäten Reihen ("reicht
für x laufende Meter") zu finden. Die Angaben sind immer durch
eine vorangestellen "circa" oder "ungefähr" relativiert. Wir ich
es bereits bei der
Keimrate erklärt,
lässt die Keimfähigkeit mit der Zeit nach. Damit zum Ende der
dreijährigen Mindetshaltbarkeit noch die aufgedruckte Menge an
Pflanzen erreicht werden kann, wird in Abhängigkeit von der
Keimfähigkeit und Geschwindigkeit mit der die betreffenden bei
einer Pflanzenart nachlässt mehr Samen eingefüllt. Bei ganz
frischem Saatgut keimen also mehr Samen und bei älterem weniger.
Wie lang eine Reihe ist, die mit Saatgut ausgesät werden kann,
hängt davon ab, wie dicht die Körner gestreut werden.
Geht man sorgfällig vor und mischt feines Saatgut zum Beispiel mit
Sand, kann man dünner säen und die Reihe wird entsprechend
länger. Wer ungeschickt vorgeht und zu dicht sät bekommt
kürzere Reihen und muss viele Pflanzen nach dem Auflaufen
entfernen.
Um Enttäuschungen zu vermeiden, sehen Sie vor dem Kauf auf der
Packung nach, wieviel Saatgut Sie für ihr Geld bekommen. Bei
Hochzuchtsorten sind es oft nur 5 bis 10 SamenkÖrner. Bedenken Sie
auch wieviele Pflanzen sie möglicherweise benötigen.
Eine Tomatenpflanze liefert genug Tomaten für den gesamten
Jahresbedarf einer Person. Wollen Sie mehrere Sorten ausprobieren,
benötigen sie keine 10 oder 20 Pflanzen von jeder Sorte.
Benötigen sie wirklich 50 KÖpfe Weißkohl oder 100
Kohlrabi?
2. Achten Sie auf das Abfülljahr
Auf der Rückseite von Saatguttüten sind das Abfülljahr
(z.B. WJ 2011/2012) und ein Mindeshaltbarkeitsdatum (z.B. Januar 2015)
aufgedruckt. Wählen Sie Saatgut aus, das möglichst frisch
abgefüllt wurde. Das Mindesthaltbarkeitsdatum garantiert eine
volle Keimfähigkeit nur bei sachgemäßer Lagerung. Das
bedeutet, wenn das Saatgut bei 0 bis 10 °C und dunkel gelagert
wird, keimt bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums die auf der
Packung angebenenen Pflanzenzahl. In den Verkaufräumen von
Gartencentern sind die Lagerbedingungen aber nicht optimal.
Nehmen Sie darum nicht die erst beste Tüte vom Haken, sondern
prüfen Sie, ob sich dahinter im Regal nicht Saatguttüten
befinden, die frischer sind. Altere Chargen können bereits seit
der vorangegangenen Saison und über Sommer im Laden gewesen sein.
Bei Temperaturen von über 20 °C bleibt die Keimfähigkeit
nicht erhalten.
3. Achten Sie auf die Sorteneigenschaften
Bei günstigen Sorten erhalten Sie viel Saatgut für wenig
Geld, während sie bei Hochzuchtsorten nur eine Hand voll
Körner für eine größere Summe bekommen. Auf das
Korn umgerechnte kann der Preis bei teuren Tomaten etwa 45-mal so hoch
sein wie bei günstigen (Vergleich: 20 Korn
´Moneymaker´für 0,49 € zu 5 Korn
´Philovita´ für 5,49 €). Es werden hier aber
"äpfel mit Birnen" verglichen. ´Moneymaker´ ist eine
Salattomate ohne Resistenzen oder Toleranzen gegen pilzliche
Schaderreger. ´Philovita´ war 2007 Testsieger bei einer
Verkostung von Aromatomaten mit den Besuchern der Insel Mainau. Sie ist
hoch tolerant gegen
Kraut- und Braunfäule,
der Pilzkrankheit, die oft kurz vor der Ernte die gesamten
Pflanzenbestände zusammenbrechen lässt. Mit der teuren Sorte
werden sie auch unter ungünstiger Bedingungen wahrscheinlich
reichlich Tomaten ernten. Die Günstige müssen Sie dagegen
möglicherweise bereits vor der Ernte der ersten reifen Frucht
entsorgen.
Bei anderen Gemüsesorten sind außer Resistenzen zum Beispiel
die Lagerfähigkeit, Winterhärte und Schoßfestigkeit
interessant. Wenn Sie sich gerne Blumen ins Haus holen, sind bei
Sommerblumen pollenlose Sorten interessant, weil sie keine Flecken auf
den MÖbeln und der Kleidung hinterlassen.
Wählen Sie das Saatgut nicht nach dem Bild auf der Tüte aus,
sondern nach den inneren Werten. Bei Sorten ohne Resistenzen
müssen sie mit Hilfe von Pflanzenschutzmitteln gegen Krankheiten
vorgehen. Wenn Sie häufiger Gemüse
anbauen, sollten Sie sich immer für tolerante oder resistente
Sorten
entscheiden!
Saatgut selbst gewinnen
Wenn Sie Saatgut von ihren eigenen Pflanzen gewinnen wollen, steht dem
in der Regel nichts im Weg. Zierpflanzen und auch viele
Gemüsepflanzen bilden Blüten, Früchte und Samen ohne
unser Zutun. Wenn sie allerdings eine Pflanze sortenrein vermehren
wollen, bedarf es etwas mehr Aufwand.
Hybridsaatgut kann
nicht weiter vermehrt werden. Bei rein weiblichen Sorten steht
beispielsweise gar kein Pollen zur Verfügung und bei anderen
Sorten spalten die Nachkommen stark auf und haben nur zu einem Teil die
Eigenschaften der Eltern. Für die Saatgutgewinnung sind also alte
Landsorten, regionaltypische und andere sortenrein vermehrbare
Gemüse- und Zierpflanzensorten nötig. Bei ihnen haben die
Nachkommen die gleichen Eigenschaften der Elternsorte, wenn denn der
bestäubende Pollen von der gleichen Sorte stammt. Solche Pflanzen
kann man sortenrein vermehren und so erhalten oder zur Weiterzucht
gezielt mit anderen Sorten kreuzen.
Bei Einjährigen wie Radieschen und Salat, die bereits im Jahr
ihrer Aussaat zur Blüte kommen ist die Gewinnung von Saatgut ganz
einfach. Bei zwei- oder mehrjährigen Pflanzen muss man die
Eltern überwintern, damit sie im nächsten Jahr zur Blüte
kommen. Das ist zum Beispiel bei Karotten, Weißkohl und
Rüben der Fall.
Für die Saatgutgewinnung vorgesehene Pflanzen müssen optimale
Kulturbedingungen haben, damit sie genug Energie in viele, hochwertige
Samen investieren können. Die Pflanzen müssen auch optimal,
dass heißt ausgewogen mit nicht zuviel Stickstoff, gedüngt
werden. Sie dürfen keinen mangel leiden. Zuviel Stickstoff macht
die Pflanzen aber anfällig. Besonders bei zweijährigen
Kulturen macht sich das im Winterlager oft durch Fäulnis
bemerkbar. Auch zuviel Wasser sollten die Pflanzen vor der Ernte nicht
mehr bekommen.
Karotten und Rüben und andere Wurzelgemüse werden im Herbst
geerntet und im Winterlager in Sand eingeschlagen bei 1 bis 5 °C
stockdunkel gelagert. Kohl wird mit der Wurzel geerntet und in
Erdmieten eingeschlagen. Im Folgejahr werden die Pflanzen langsam
wieder an Licht gewÖhnt. Nach dem Auspflanzen werden sie einige
Zeit mit Schattiernetzen oder Vlies vor zuviel Sonne geschützt.
Die Pflanzen müssen gut gewässert werden, weil sie erst
einmal neue Wurzeln bilden müssen und nur schwer Wasser aufnehmen
können.
Die Samenstände müssen oft gestützt werden, damit sie
nicht umfallen. Kontakt mit dem Boden erhöht das Risiko von
Fäulnis und ermöglichst die übertragung von
bodenbürtigen Schadpilzen. Die Samen tragenden Pflanzen werden oft
erstaunlich groß. Blühende Salatpflanzen werden bis zu einem
meter hoch und Radieschen bilden ausladende Büsche. Durch die
Selektion der besten Pflanzen kann man den Bestand ausdünnen.
Weniger gute Pflanzen entfernt. Zur Samenreife hin, kann es sinnvoll
sein die Pflanzen mit Folien oder tranpsrenten Kunststoffdächern
vor dem Regen zu schützen. Dadurch bleiben nicht nur die Samen
trocken, es wird auch die Auswaschung durch den Regen verhindert.
Nach der Bestäubung durch Wind oder Insekten (eventuell auch mit
der Hand) bilden sich die Samen. Wenn sie voll entwickelt aber noch
voller Wasser sind (Grünreife) sind sie besonder groß. In
disem Zusatdn werden zum Beispiel Markerbsen und Bohnen für den
Verzehr geernetet. Dann entzieht die Pflanze den Samen Feuchtigkeit und
sie schrumpfen, während sie härter werden. Dadurch entsteht
ein lagerfähiger Samen, der bei Erbsen und Bohne als Palerbse bzw.
Palbohne bezeichnet wird. Die Frucht trocknet ein und die Samen
erreichen ihre Vollreife oder Totreife. Die Früchte reißen
auf und lassen die Samen hinaus. Dieses voll abgereifte Saatgut ist
qualitativ am hochwertigsten. Leider reifen bei vielen Pflanzen die
Samen aber nicht alle gleichzeitig. Darum muss man den Fruchstand zu
einem Zeitpunkt erntet, an dem die meisten Samen bereits sehr weit
abgereift sind, aber noch nicht so viele aus den Früchten
herausgefallen sind. Bei Fruchtgemüse erntet man die Früchte
vollreif (Paprika und Tomaten bei sortentypischer Färbung, Gurken
bei Farbumschlag nach Gelb).
Saatgut reinigen
Die Samen von Fruchtgemüse werden aus dem Fruchtfleisch
ausgewaschen. Bei Tomaten und Gurken befindet sich auf den Samen einen
keimhemmende Schicht. Die Samen werden mit dem umgebenden Fruchtfleisch
ausgekratzt und in ein Glas mit Wasser gegeben. Es kommt zu Gärung
und innerhalb von etwa 2 Tagen löst sich die Schicht vom Samen.
Der fühlt sich dann nicht mehr glitschig an, sondern ist rau. Er
sinkt nach unten, während das Fruchtfleisch nach oben steigt.
Optimale Temperatur für die Gärung sind 23 bis 30 °C.
Gereinigt wird das Saatgut dann in dem man den überstand
abgießt und so lange mit Wasser spült bis alles sauber ist.
Samen, die man keiner Gärung unterzeiehen muss (Melone,
Kürbis, Aubergine, Andenbeere) reinigt man zum Beispiel in einem
Küchensieb unter fließendem Wasser. Zum Trocknen kann man
jeweils einen Teelöffel der Samen in Kaffeefilter geben und auf
der Wäschleine trocknen. Die Trocknung erfolgt bei 23 bis 30
°C innerhalb von zwei Tagen. Das trockene Saatgut wird dann luft-
und lichtdicht verpackt, beschriftet und eingelagert.
Trockenes Saatgut wird entweder direkt geernetet und eingelagert
(Erbsen, Bohnen) oder mit dem Fruchtstand geernetet, nachgetrocknet,
gedroschen und dann gereinigt. Das Nachtrocknen passiert bei maximal 35
°C in einem warmen trockenen Raum oder mit Silikagel in einer
abgeschlossenen Box jeweils über einen Zeitraum von einer Woche.
Das trockene Saatgut wird gereinigt. Blatt- und Fruchtreste werden
entfernt. Dazu werden die Samen mit passenden Sieben von grÖberen
und feineren Partikeln getrennt. Mit Hilfe von Wasser können taube
Samen (schwimmen oben) und keimfähige Samen (sinken zu Boden)
getrennt werden. Danach wird das Saatgut sofort wieder getrocknet.
Das gereinigte Saatgut wird verpackt, beschriftet und bei 0 - 10 ° C dunkel gelagert (siehe
Lagerfähigkeit von Gemüsesamen). Gut geeignet sind Winmachgläser, die mit einem Gummiring luftdicht verschlossen werden können.
Heißwasserbeize
Am Saatgut anhaftende Pilzsporen können den Keimling nach der
Aussaat infizieren und abtöten. Gegen viele Pilze hilft ein
Behandlung in einem Heißwasserbad. Bie 50 bis 53 °C
über einen Zeitraum von 10 bis 30 Minuten werden mehr als 60 bis
100 % aller Sporen verschiedener Pilze (
Alternaria,
Septoria,
Phoma )und einige Bakterien (
Xanthomonas) abgetötet. Das gebeizte Saatgut keimt schneller, die Pflanzen sind wüchsiger und die Erträge höher.
über 53 °C hinaus darf Saatgut nicht erhitzt werden. Bei der
Heißwasserbehandlung kommt es teilweise schon nach mehr als 10
Minuten bei 53 °C zur
Abnahme der Keimfähigkeit. Bei
Karottensaatgut sank im Versuch die Keimfähigkeit von etwa 85 %
auf rund 50 % nach einer Behandlung mit 50 bis 53 °C heißem
Wasser über einen Zeitraum von 20 Minuten (
Nega et al. 2003).
Kohl keimt nach einer 20 Minuten Behandlung bei 53°C noch weitgehend
normal. Nach 25 Minuten ist die Keimfähigkeit aber bereits
deutlich herabgesetzt (
Kühne).
Bei der
Dampfsterilisation von Saatgut zur Bekämpfung von Pilzen, wird es
nur 90 bis 120 Sekunden bei 65 °C behandelt.
Literatur:
Andrea Heistinger, Arche Noah, Pro Specia Rara (2010): Handbuch der Samengärtnerei.- Ulmer Verlag, Stuttgart
Eva
Nega, Roswitha Ulrich, Sigrid Werner, Marga Jahn (2003): Hot water
treatment of vegetable seed – an alternative seed treatment method to
control seed-borne pathogens in organic farming /
Heißwasserbehandlung von Gemüsesaatgut – eine alternative
Saatgutbehandlungsmethode zur Bekämpfung samenbürtiger
Pathogene im Ökologischen Landbau.- Zeitschrift für
Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz / Journal of Plant Diseases and
Protection 110 (3), 220–234
Onlinequellen:
Präsentation "Schädlingsregulierung" von Dr. Stefan Kühne
Saatgut-Portrait: Rote Rübe und Mangold (Beta vulgaris)
© Wilstermann-Hildebrand 2012 - 2013