Die Gattung Utricularia gehört zu den
Lentibulariaceae. In der Familie gibt es nur drei Gattungen Utricularia,
Genlisea und Pinguicula. Wasserschlauch-Arten sind
carnivore
Pflanzen. Sie bilden aus umgeformten Blättern Fangblasen, in denen
kleine Tiere (Wasserflöhe, Hüpferlinge, Insektenlarven und Anderes)
gefangen werden. Es werden 214 bis 220 verschiedene lebende Arten
anerkannt.
Damit ist die Gattung die artenreichste unter den carnivoren Pflanzen
(Drosera
110 Arten, Nepenthes etwa 80 Arten).
In Detschland gibt es 6 Arten: U. vulgaris, U. minor, U. bremii, U. australis, U. intermedia und U. ochreoleuca.
Im Englischen werden die Pflanzen als "bladderwort"
bezeichnet.
Bei den Wasserschläuchen handelt es sich um
wurzellose,
frei unter der Oberfläche treibende Wasserpflanzen oder Arten, die
in wassergesättigtem Moor-, Marsch- oder auf SandbÖden wachsen
(z.B.
Utricularia
monanthos HOOK f. ). Etwa die Hälfte aller Arten sind
Landpflanzen.
Einge Arten wachsen epiphytisch, ohne dabei Nährstoffe aus dem
"Wirt"
zu ziehen. Sehr wenige Arten sind phytotelmatisch und wachsen in den
Trichtern
von Bromelien. Dazu gehört zum Beispiel Utricularia
nelumbifolia.
So genannte Lithophyten wachsen auf moosbedeckten Steinen, die das
ganze
Jahr über mit einem dünnen Wasserfilm bedeckt sind.
Utricularia rigida und Utricularia
neottioides
bilden spezielle Ankerorgane aus.
Urticularia vermehren sich generativ über
Samen und vegetativ durch Teilung und durch die Bildung von
Winterknospen
(Turionen).
Anatomie und Biologie
Der Grundbauplan ist recht einfach. Von einer einzigen Hauptachse zweigen zahlreiche
Seitentriebe
ab. Jeder dieser Triebe trägt drei bis vier photosynthetisch
aktive
Blätter. Wurzeln bilden die Pflanzen nicht. Die Triebe sterben am hinteren Ende etwa ab,
während
sie vorne weiterwachsen. Dabei zerfallen sie in Fragmente, wenn die
absterbende
Zone die Basis einen Seitentriebes erreicht. Auf diese Weise teilt sich
die Pflanze. Die Fangblasen befinden sich an den Stängeln und
zwischen
den Segmenten der feinfiedrigen Blätter. Sie werden durch die
Berührung
winziger Härchen (trigger hair) ausgelöst und saugen die
Beute
mit Unterdruck ein. Der Unterdruck wird erzeugt, in dem Wasser
über
Drüsen an den Blasenwänden augeschieden wird. Etwa die
Hälfte
des Wasservolumens aus dem Innenraum wird nach außen gepumpt und
mit ihm Salze wie Calcium und Kalium. Licht, also Photosynthes ist
für
diesen Vorgang nicht nötig. Bei sauren pH-werten und höheren
Temperaturen läuft der Vorgang schneller ab, als bei alkalischem
pH-Wert.
Bei einm pH-Wert über 7 funktionieren die Blasen von Utricularia
vulgaris nicht mehr. Auch U. aurea und U. bifida
kommen
nur in Gewässern mit einem pH-Wert unter 7 vor. Nach dem
Auslösen
kann die Falle innerhalb von 40 Minuten wieder einsatzbereit sein (U.
vulgaris). Mit zunehmendem Alter werden weniger Tiere gefangen. Die
einzelnen Fangblasen werden etwa 10 bis 20 Tage alt. Große,
zentrale
werden mit 15 bis 19 Tagen im Schnitt älter als kleinere,
periphere
Fangblasen, die nur etwa 10 bis 14 Tage halten (U.vulgaris). Die
Beute zersetzt sich in der Fangblase und die
Nährstoffe
werden von der Pflanze aufgenommen. Dabei bleiben die chitinhaltigen
Exoskelette
von Kleinkrebsen und Insektenlarven übrig und sammeln sich in der
Falle an. Auf diese Weise ergänzen die Wasserschlauch-Arten ihren
Bedarf an Stickstoff und Phosphat, wenn das Angebot an anorganischem
Nährstoffen
nicht ausreicht. Aus dem selben Grund versorgen sich auch die
Sonnentau-Arten, Venusfliegenfallen und Kannenpflanzen mit tierischer
Nahrung.
Carnivore Pflanzen sind also an eine nährstoffarme Umgebung
angepasst. U. inflexa in
Tansania,
U.
oligosperma in Argentinien, sowie weitere Arten bilden Symbiosen
mit
Cyanophyta (Blau-Grünalgen) der Gattungen Anabaena,
Oscillatoria
Spirolina, Lyngbya, Nodularia und Calothrix aus. Diese
sind
innen und außen an den Fangblasen zu finden. Im Gewässer
selbst
kommen diese Algen jedoch nicht vor. Diese Symbionten sind in der Lage
Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und für den Wirt nutzbar zu
machen.
Auswirkung des Nährstoffangebotes auf die Zahl der Fangblasen
Da die Fangblasen der
Ernährung dienen, verändert sich die Zahl und die Größe
der Fangblasen mit dem Angebot an anoragnischen Nährstoffen
(Nitrat, Phosphat). Es reagieren aber nicht alle Urticularia-Arten
gleich auf veränderte Nährstoffangebote. Beim GewÖhnlichen Wasserschlauch (Utricularia vulgaris)
liegt der prozentuale Anteil der Fangblasen während der gesamten
Vegetationsperiode
konstant bei etwa 50% der Gesamtmasse. Utricularia gibba
produziert
mehr Fangblasen, wenn die Beutedichte sehr hoch ist. Das liegt
vermutlich
daran, dass das gesamte Wachstum der Pflanze durch mehr Nahrung verbesser wird.
Die
Fütterung mit Paramecia sp.
(Pantoffeltierchen) hat keine Auswirkungen auf das Wachstum bzw. die
Verzweigung, wenn die Pflanzen optimal mit anorganischen
Nährstoffen
versorgt wird. Bei mangelnder Nährstoffzufuhr aus dem Medium
fÖrdert
eine zusätzliche Fütterung aber das Wachstum. Bei
Utricularia
filiosa wurde dagegen festgestellt, dass die Pflanzen bei
abnehmender
Beutedichte mehr und größere Fangblasen ausbilden. Auf diese
Weise
steigt die Wahrscheinlichkeit Beute zu machen. Nimmt der
Nährstoffgehalt
des Wasser aber bei gleich bleibender Beutedichte zu, nimmt die Zahl der
Fangblasen bei dieser Art wieder ab. Wasserschlauch-Arten sind in
nährstoffarmen
Gewässern also gegenüber anderen Pflanzen wegen ihrer
zusätzlichen
Nährstoffversorgung im Vorteil, können die dadurch
entstehenden
Nachteile in nährstoffreichem Wasser aber reduzieren.
Beobachtungen in der In-vitro-Kultur
Bei der sterilen Anzucht (in vitro) von Utricularia
stellaris wurde beobachtet, dass der Zusatz von Rohrzucker das
Wachstum
und die Blütenbildung fÖrdert. Es wurde festgestellt, dass
Zucker
die Bildung von RNA (Ribonukleinsäure) fÖrdert, die als
Matrize
für die Produktion von Eiweißen (Struktur-Eiweiße und
Enzyme)
dient. Bei U. exoleta ist das Wachstum besser, wenn dem
anorganischen
Medium Fleischextrakte und Peptone zugesetzt werden. Die
Blütenbildung
setzt in rein arnorganischem Medium gar nicht ein. Bei U. minor und
U.
ochroleuca fördern Fleischextrakte das vegetative Wachstum.
Blütenbildung
in vitro findet aber auch mit der Zugabe von organischen Komponenten
nicht
statt. Bei U. stellaris fÖrdert Fleischextrankt oder eine Zugabe
von
Daphnia (Wasserfloh) ein schnelles Wachstum und Blütenbildung.
Diese
Art blüht aber auch ohne tierische Nahrung.
Aussehen:
Die Stängel werden selten länger als 60
cm.
Ihr Durchmesser beträgt etwa ein bis zwei Milimeter. Die
Blätter
sind in haarfeine Segmente zerteilt. Die Fangblasen sitzen am
Stängel
und zwischen den Blattsegmenten.
Die Blüten sind blaßgelb und haben
eine orange
Musterung auf der Unterlippe.
Temperatur:
22-26
°C
pH-Wert:
6,5-7,2
Härte:
2-12 °KH
Licht:
mittel bis viel
Sonstiges:
Wir haben diese Pflanzen in Queensland
(Australien) in
einem Feuchtgebiet südlich des Daintree-River an der Straße
zur Fähre in Richtung Cape Tribulation gefunden.
Aussehen:
Dieser kleine Wasserschlauch gehört zu den
empfindlichsten
Neuheiten der letzten Jahre. Die hell grünen Blätter sind
etwa
2 bis 3 mm breit und ca. 3 cm lang. Unter günstigen Bedingungen
bilden
die Blätter einen dichten rasenähnlichen Belag auf Wurzeln
und
Steinen.
Temperatur:
16-28 °C
pH-Wert:
6-7,5
Härte:
2-12 °KH
Licht:
gering bis viel
Sonstiges:
Die Pflanzen sollten zum Anwachsen nur wenig
belichtet
und gedüngt werden. Nach und nach kann dann mehr Licht auf den
Bestand
kommen. Die Kultur ist nicht einfach und oft gehen die Pflanzen bereits
nach wenigen Tagen ein.
Herkunft:
Brasilien und Kolumbien (Amazonas-Gebiet)
Aussehen:
Die Größe der Fangblasen variiert je
nach
Größe der Beute zwischen 0,5 und 2 mm, Meist sind sie um 1,5
mm groß. Die Zahl der Fangblasen pro Laubblatt ist abhängig
von den Umweltbedingungen und schwankt zwischen < 50 und ca. 1600.
Temperatur:
26-31 °C (Guisande et al. 2000, versch. Fundorte)
pH-Wert:
5,5-7,5 (Guisande et al. 2000, versch. Fundorte)
Härte:
2-12 °KH
Licht:
mittel bis viel
Sonstiges:
Die bei Guisande et al. (2000) angegebenen
Leitwerte
liegen zwischen 21 und 160 µS/cm.
Ausssehen:
Die
Triebe werden 4 bis 15 Zentimetern lang. Sie bilden keine Rhizoide. Die
Laubblätter sind feinfiedrig und haben zwei bis zehn Fangblasen.
Die bis zu 2 cm breiten Blätter haben 7 bis 22 haarfeine
Blattfiedern. Die Endzipfel der Blätter sind nicht am Rand brostig
bewimpert. Die Blüten sind gelb. 2 bis 6 sind in bis 15 cm langen
Trauben zusammen. Die Unterlippe ist länglich und meist nach unten
gebogen. Der Gaumen ist flach und verschließt den Schlund nicht
ganz. Die Winterknospen (Turionen) sind unbehaart.
Sonstiges: Die Art ist selten. Sie wächst in Moortümpeln und Torfstichen.
Blätter mit Fangblasen
blühender Kleiner Wasserschlauch
Vergleich zwischen Utricularia vulgaris
(links) und Utricularia minor (rechts).
Wasserschlauch Utricularia stellaris LINNÉ FIL.
Synonyme:
Herkunft:
tropisches Afrika, Asien bis Nordaustralien
Aussehen:
Die Pflanzen sind wurzellos und fluten unter
Wasseroberfläche.
Die Stängel sind 1,5 mm dick. Die submersen Blätter sind
feinfiedrig.
An ihnen sind zahlreiche 2 mm große Fangblasen. Blätter und
Stängel sind je nach Licht grün oder rot. Die Rotfärbung
der Triebspitze wird durch Torffilterung begünstigt. Der
Blütenstand
wächst 10 bis 15 cm über das Wasser hinaus und wird dabei von
einem blütenkranzähnlichen Gebilde getragen, das aus 5
symetrischen
Schwimmkörpern mit Fransen am Rand besteht. Die
Blütenblätter
sind gelb. Die Frucht hat einen Durchmesser von etwa 4 mm und
beinhaltet
bis zu 50 Samen. Diese können Trockenzeiten (3 Monate)
überstehen
und ermöglichen der Pflanze das Vorkommen in temporären
Gewässern.
Temperatur:
22-26 °C
pH-Wert:
6,5-7,2
Härte:
2-12 °KH
Licht:
mittel bis viel
Sonstiges:
Die Pflanzen sind in nährstoffhaltigen,
veralgten
Aquarien weniger haltbar. Sie benötigen aber trotzdem eine
mäßige
Düngung.
Utricularia stellaris und
Nymphaea alba
in einem küstennahen Tümpel in Gambia.
Leider 12 m vom Ufer entfernt.
Aussehen:
Der
Stiel ist dünn und weich. Drei bis vier
Blätter
wachsen an einem kurzen Seitentrieb. Sie sind feinfiedrig mit
haarförmigen
Segmenten. Die Endzipfel der Blätter sind am Rand borstig
bewimpert. An den Blättern sind bis zu 200 linsenförmige
Fangblasen. Die
Blätter treiben in der Regel dicht unter der Wasseroberfläche
und sind olivgrün bis rot-braun gefärbt. Im Juni-Juli bilden
sich auf verzweigten Blütenstandstielen auffallend große
gelbe
Blüten. Der Gaumen der Unterlippe ist gewölbt und
verschließt den Schlund. Die Oberlippe liegt am Gaumen an. Der
Saum der Unterlippe ist sattelförmig und breitet sich weit aus.
Die Winterknospen (Turionen) sind behaart.
Temperatur:
winterhart, Wachstum bei etwa 14-25 °C
pH-Wert:
6,5-7,2
Härte:
2-12 °KH
Licht:
mittel bis viel
Sonstiges:
Der Gemeine Wasserschlauch kommt in kalkarmen Tümpeln und Teichen vor.
Die Pflanzen wachsen etwa von März bis
September,
dann beginnen sie Winterknospen zu bilden und ihre Masse nimmt ab.
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