Diabetis bei Katzen

Diabetis mellitus (Typ II Diabetis) ist keine häufige Erkrankung bei Katzen. Die Wahrscheinlichkeit die Krankheit zu entwickeln liegt zwischen 0,2 und 1,25 %. Zu den Symptomen gehört starker Durst, verstärktes urinieren, Zucker im Urin und Veränderungen im Verhalten und beim Appetit.
Prahl et al. (2007) stellten fest, dass die Häufigkeit der Diabetis-Fälle bei Katzen in den USA zwischen 1970 und 1999 von 0,08% auf 1,2% angestiegen ist .
Bei einer unbehandelten Diabetis von Katzen steigt der Blutzuckerspiegel auf 25 bis 30 mmol/l an. Mitte der 1990er Jahre wurde in einem Versuch Katzen über 10 Tage Glucose intravenös verabreicht. Dadurch wurde künstlich ein hoher Glucosspiegel verursacht werden, wie er auch bei einer Diabetis vorliegt. Als Folge davon kam es zu einer Beeinträchtigung der Insulinsekretion.

Studien zum Blutzucker und Diabetis

Kienzle (1994) untersuchte den Einfluss von verschiedenen Kohlehydratquellen auf den Blutzuckerspiegel von Katzen. In der Kontrolle mit Kohlehydratfreiem Futter, lag der Blutzucker bei durchschnittlich 3,20 mmol/l. 8,9 g Stärke aus Kartoffeln pro kg Körpermasse am Tag (34% Energie), 8,8 g Stärke aus rohem Mais (32 % Energie) und 4,7 g Stärke aus gekochtem Mais (27% Energie) hatten keinen signifikanten Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Der blieb bei einem Durchschnitt von 3,65 mmol/l. Ein Futter, bei dem 40% der Energie aus Glucose stammte, führte sofort zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels auf 5,08 mmol/l. Bei einer Variante mit 36% der Energie aus Sucrose
Vergleich der Stärkegehalte
Kienzle (1994):
8,9 g/kg KM * Tag aus Kartoffeln
8,8 g/kg KM * Tag aus rohem Mais
4,7 g/kg KM * Tag aus gekochtem Mais
Keine Erhöhung des Blutzuckerspiegels

Hewson-Hughes et al. (2011b):
1,66 g/kg KM * Tag aus Mais
3,91 g/kg KM * Tag aus Mais
5,4 g/kg KM * Tag aus Mais
Bei der letzten Variante war der Blutzuckerspiegel erhöht.
stieg der Blutzuckerspiegel auf 4,52 mmol/l an. Während die Zufuhr von Zucker in dieser Versuchsreihe den Blutzuckerspiegel erhöhte, blieb er bei allen Stärkevarianten unverändert. Hier ließ sich nur eine Erhöhung des Zuckers im Urin nachweisen.

In einem anderen Versuch wurden normalgewichtigen Katzen 3 verschiedene Futter mit 9,5, 23,0 und 31,7 g Stärke pro 100 g angeboten. Die gelieferte Energie aus den Kohlehydraten lag bei 11,6, 30,0 und 43,3 % (Hewson-Hughes et al. 2011b).
Eine Stunde vor der Fütterung wurde den Katzen Blut abgenommen und der Blutzuckerspiegel gemessen. Er lag zwischen 4,5 und 5 mmol/l. Die Katzen bekamen das Futter, das sie innerhalb von 10 Minuten fraßen. Dann wurde nach 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15, 17 and 19 Stunden erneut Blut abgenommen. Außerdem wurde die Insulinproduktion gemessen.
Bei dem Futter mit dem mittleren Stärkegehalt (23 g und 30 % Energie) gab es keine statistisch gesicherten Unterschiede zwischen dem Blutzuckerspiegel vor und nach dem Fressen. Nach dem Fütterung mit dem Futter mit dem geringen Stärkegehalt, sank der Blutzuckerspiegel der Katzen zunächst und stieg dann später (nach 7 bis 13 Stunden) auf das vorherige Niveau an. Unterschiede im Insulinspiegel ließen sich nicht feststellen.
Bei der Fütterung mit dem stark stärkehaltigen Futter (31,7 g und 43,3 % Energie) war 9 Stunden nach der Mahlzeit eine deutlich gesteigerte Insulin-Produktion feststellbar. Der Blutzuckerspiegel stieg an und lag nach 11 Stunden deutlich über dem ursprünglich gemessenen Wert und stieg auch noch 19 Stunden nach dem Fressen weiter. Der höchste gemessene Wert lag bei 6,9 mmol/l. Das liegt weit unter dem Wert von 25 - 30 mmol/l, der über einen Zeitraum von 10 Tagen, nachweislich zu Schäden führt.

Vanbrugghe et al. kommen 2012 in ihrer Zusammenfassung der wissenschaftlichen Arbeiten zum Theme Diabetis bei Katzen zu dem Schluss, dass eine Reduktion des Anteils löslicher Kohlehydrate im Futter bei normalgewichtigen Katzen mit Diabetis zu einer Verbesserung der Insulinresistenz führt. Sie geben aber auch an, dass die Reduktion von Kohlehydraten im Futter nicht unbedingt vor der Entwicklung von Diabetis schützt. Das soll nach ihrer Meinung damit zusammen zu hängen, dass die Katze nur eine geringe enzymatische Fähigkeiten hat, um Stärke zu verdauen und zu Glucose zu verstoffwechseln. Wie aber die Versuche zum Energiegehalt von Katzenfutter bewiesen haben, nehmen Katzen - genau wie der Mensch - 4 kcal Energie aus 1 g Stärke auf (siehe dazu "Nährwert von Katzenfutter"). Das ist nur dann möglich, wenn sie Stärke verwerten können. Vermutlich ist es eher so, dass Katzen Stärke so langsam verdauen sie überschüssige Glucose über den Urin ausscheiden können, ohne dass ihr Blutzuckerspiegel steigt.

Risikofaktoren für Diabetis

Gewicht und Diabetis Risiko
Zu den Risikofaktoren für Diabetis gehört das Alter. Katzen über 7 Jahren sind stärker betroffen, als jüngere Katzen. In verschiedenen Studien wurde außerdem eine erhöhte Anfälligkeit bei den Rassen Tonkinese, Norwegische Waldkatze, Burmese Russian Blue und Abyssinern festgestellt. Ein geringeres Risiko haben Perser, Main Coon und Birma (Verbrugghe & Hesta 2017, Öhlund et al. 2017). Inaktive Katzen und Tiere in reiner Wohnungshaltung haben ebenfalls ein höheres Risiko an Diabetis zu erkranken (Verbrugghe & Hesta 2017). Unklar ist dagegen, welchen Einfluss die Fütterung hat. Es gibt jeweils eine Studie, die belegt, dass es das Risiko reduziert (20 Katzen mit Diabetis bei Sallander et al. 2012) und eine dass Trockenfutter keinen Einfluss hat (96 Katzen mit Diabetis bei Slingerland et al. 2009). Öhlund et al. (2017) untersuchten die Fälle von 396 Katzen mit Diabetis und 1.670 gesunden Katzen. Sie fanden einen klaren Zusammenhang zwischen dem Gewicht bzw. dem BCS und dem Risiko an Diabetis zu erkranken. Übergewichtige Katzen haben ein deutlich höheres Risiko (siehe Abbildung rechts). Das Chancenverhältnis gibt an, ob bei zwei Auswahlmöglichkeiten die eine oder die andere eine höhere Chance hat einzutreffen. Liegt sie bei 1, ist das Verhältnis ausgeglichen. Liegt sie unter 1 ist, das Risiko für die erste Gruppe geringer. Liegt sie über 1, ist das Risiko höher. Unabhängig von der Art der Fütterung haben Katzen mit Übergewicht ein erhöhtes Risiko an Diabetis zu erkranken. Je geringer das Gewicht ist, desto geringer ist auch das Risiko. Eine Fütterung aus einer Kombination von Nass- und Trockenfutter hatte in keiner Gewichtsklasse große positive oder negative Effekte.

Wieviel Stärke und Energie nehmen Katzen mit Trockenfutter auf?

Stärke in verschiedenen Futtersorten

Aufnahme von Stärke in g/kg Körpermasse durch bedarfsgerechte Fütterung mit verschiedenen Futtersorten.
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In den Versuchen von Kienzle (1994) hatte Stärke aus Kartoffeln in Mengen von bis zu 8,9 g pro Kilogramm Körpergewicht täglich keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel bei Katzen. Auch 8,8 g Stärke aus rohem Mais und 4,7 g aus gekochtem Mais wirkten sich nicht aus. Bei Hewson-Hughes (2011b) kam es bei Fütterung mit 5,4 g Maistärke pro Kilogramm Körpermasse am Tag zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels. Es lässt sich grob abschätzen, dass Maisstärke ab einer Konzentration von etwa 5 g pro Kilogramm täglich, den Blutzuckerspiegel erhöht. Kartoffelstärke erhöht den Blutzuckerspiegel bei unter 9 g pro Kilogramm täglich dagegen nicht.
Bei Katzenfutter können wir den Anteil der Stärke im Futter (NfE) errechnen und oft auch die Quelle aus den Zutaten ablesen. Die bedarfsgerechte Futtermenge lässt sich über den Energiegehalt bestimmen. So kann dann die Stärkeaufnahme pro Kilogramm Körpergewicht bestimmt werden. Die Grafik rechts zeigt einen Vergleich der Stärkeaufnahme/kg KM am Tag bei 8 Nassfuttern und 5 Trockenfuttern.

Welchen Einfluss hat Trockenfutter auf Diabetis?

Trockenfutter hat einen deutlich höheren Gehalt an löslichen Kohlehydraten (Stärke) als Nassfutter. Darum sollten Katzen mit Diabetis und Katzen, die zu einer Risikogruppe gehören (Übergewicht, bestimmte Rassen, reine Wohnungshaltung, wenig aktive und alte Katzen) nicht ausschließlich mit Trockenfutter gefüttert werden. Die Kombination aus Nass- und Trockenfutter reduziert das Risiko für Diabetis im Vergleich zur ausschließlichen Fütterung mit Trockenfutter.
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Quellen

E. Kienzle (1994): Blood Sugar Levels and Renal Sugar Excretion After the Intake of High Carbohydrate Diets in Cats.- The Journal of Nutrition, Volume 124, Issue suppl_12, December 1994, Pages 2563S - 2567S(Abstract und Zitat in Verbrugghe & Hesta 2017)

A. Prahl, L. Guptill, N. W. Glickmann, M A. Tetrick (2009): Time trends and risk factors for diabetes mellitus in cats presented to veterinary teaching hospitals.- Journal of Feline Medicine & Surgery 9(5):351-358 (zitiert nach A. Verbrugghe et al. 2012)

M. Sallander, J. Eliasson, Å. Hedhammar (2012): Prevalence and risk factors for the development of diabetes mellitus in Swedish cats.- Acta Vet Scand. 2012; 54(1): 61

M. Öhlund, A. Egenvall, T. Fall, H. Hansson-Hamlin, H. Röcklinsberg, B. S. Holst (2017): Environmental risk factors for diabetes mellitus in cats.- J. Vet. Intern. Med. 2017;31:29 - 35

L. I. Slingerland, V.V. Fazilova, E. Plantinga, H. Kooistra, A. Beynen (2009): Indoor confinement and physical inactivity rather than the proportion of dry food are risk factors in the development of feline type 2 diabetes mellitus.- The Veterinary Journal. 179. 247 - 253

A. Verbrugghe, M. Hesta, S. Daminet, G. P.J. Janssens (2012): Nutritional Modulation of Insulin Resistance in the True Carnivorous Cat: A Review.- Critical Reviews in Food Science and Nutrition, 52: 172 - 182

A. Verbrugghe, M. Hesta (2017): Cats and Carbohydrates: The Carnivore Fantasy?- Vet Sci. 2017 Dec; 4(4): 55

E. Zini, M. Osto, M. Franchini, F. Guscetti, M. Y. Donath, A. Perren, R. S. Heller, P. Linscheid, M. Bouwman, M. Ackermann et al. (2009): Hyperglycaemia but not hyperlipidaemia causes beta cell dysfunction and beta cell loss in the domestic cat.- Diabetologia. 2009;52:336 - 346

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