Einzelhaltung von Katzen

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"Katzen sind keine "Einzelgänger" sondern "Einzeljäger" und darum ist Einzelhaltung Tierquälerei. Diese Erkenntnis muss sich endlich durchsetzten bei den Haltern." So oder so ähnlich kann man es inzwischen überall nachlesen in sozialen Netzwerken, Büchern und auf Internetseiten von Züchtern und Tierpsychologen. Eine Diskussion darüber wird in der Regel nicht zugelassen. Was bedauerlich ist, denn diese Ansicht ist falsch. Katzen können nur unter besonderen Umständen mit miteinander vergesellschaftet werden. Dauerhafter Kontakt zu Artgenossen bedeutet für sie Stress und kann zu Verhaltensauffälligkeiten und Erkrankungen führen (siehe dazu: Gruppenhaltung von Katzen).
Es gibt keine zwingende Notwendigkeit dafür Katzen zu vergesellschaften. Einzelhaltung ist problemlos möglich.

Individualisten mit eigenem Revier

Manul

Der Manul ist eine zentralasistische Kleinkatze.
Mit Ausnahme des Löwen sind alle Katzen-Arten Einzelgänger. Tiger, Puma, Luchs, Leopard, Gepard, Jaguar, Serval, Asiatische Goldkatze, Manul und Ozelot sind nur einige Beispiele für Katzenarten, die einzelgängerisch in eigenen Revieren leben und diese gegen anderen Katzen verteidigen. Die Falbkatze (Felis sylvestris lybica), die Vorfahrin unserer Hauskatzen, und die nahe mit ihnen verwandten Europäischen Wildkatzen (Felis sylvestris sylvestris) und die Asiatische Wildkatze oder Steppenkatze (Felis sylvestris ornata) bilden da keine Ausnahme.
Die Kätzin der Falbkatze beansprucht ein Revier, das ihre Grundbedürfnisse abdeckt. Sie braucht einen sicheren Schlafplatz und ein ausreichend großes Jagdgebiet, in dem sie für sich und ihre Jungen das ganze Jahr genug Beute machen kann. Dabei können sich die Reviere mehrere Katzen überschneiden. Die Schnittbereiche werden dann aber in der Regel zu unterschiedlichen Zeiten genutzt. Das Revier von Katern ist deutlich größer und schneidet die Reviere von mehreren Kätzinnen. Wie groß ein Revier ist, hängt vom Nahrungsangebot und der Geländestruktur ab. Sind genug Höhlen und Beutetiere vorhanden reichen für eine Falbkatze 1,5 Quadratkilometer. Ist die Nahrung knapper, können die Reviere auch über 20 Quadratkilometer groß sein.

Bei Hauskatzen (Felis catus) gibt es ein Kernrevier oder Heim 1. Ordnung. Dieser Bereich umfasst die Wohnung oder das Haus des Katzenhalters. Hier hat die Katze ihren sicheren Rückzugsort und ruht sich aus. In der Sicherheit des Kernreviers schläft sie, frisst, putzt sich und sie zieht hier auch ihre Jungen auf. In diesem Bereich will die Katze ihre Ruhe. Er wird gegen andere Katzen verteidigt.
Das erweiterten Kerngebiet oder Heim 2. Ordnung ist die nähere Umgebung um das Haus z. B. der eigene Garten. Bei Wohnungskatzen umfasst es zum Beipiel den Balkon, die Terrasse oder einen katzensicheren Auslauf. In diesem Bereich werden bekannte Katzen gelegentlich und kurzzeitig geduldet.
Das Streifgebiet der Katze ist oft auf den Umkreis von etwa 50 bis 150 m um das Kerngebiet begrenzt. Es gibt jedoch auch Katzen, die regelmäßig größere Strecken zurück legen und dabei Strassen und Bahngleise überqueren. Das Revier einer Katze ist insgesamt zwischen 3.500 und 25.000 Quadratmeter groß. Unkastrierte Kater suchen auf ihren Streifzügen nach paarungswilligen Kätzinnen und legen dabei die größten Strecken zurück. Die Streifgebiete verschiedener Katzen überschneiden sich. Dabei werden die verschiedenen Ressourcen meist zu unterschiedlichen Zeiten genutzt, so dass Begegnungen vermieden werden.
Europäische Wildkatze

Wildkatzen-Kater
Die Katze ist er seit etwa 6000 bis 9000 Jahren domestiziert. Anders als Hunden wurden Katzen nicht gezielt gezüchtet, um bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zu zeigen. Sie sind in ihrem Verhalten ursprünglich geblieben und ihren wilden Vorfahren ähnlicher, als der Hund dem Wolf. Das Bedürfnis ein Revier zu besetzen, zu markieren (z. B. durch Kratzmarkierungen) und zu verteidigen ist in unseren Hauskatzen noch genauso vorhanden wie bei der Falbkatze. Eine soziale Kommunikation mit Lautäußerungen zur Kontaktaufnahme oder Beschwichtigungsgesten haben Katzen dagegen nicht. Bei ihnen ist die "Fern-Kommunikation" über Duftmarken (Pfoten, Drüsen am Kopf, Analdrüsen, Harnspritzen) sehr ausgeprägt.

Die soziale Seite der Katze

Im Zusammenleben mit dem Menschen haben Hauskatzen die Fähigkeit zur Bildung von sozialen Gruppen entwickelt. Beispiele sind Kolonien an Futterstationen für verwilderte Katzen oder halbwilde Katzen auf Bauernhöfen.
2 Katzen

Einzelhaltung bedeutet nicht Einzelhaft. Freigänger und Spaziergänger treffen regelmäßig auf Katzen in der Nachbarschaft.
Wenn die Bedürfnisse der Katze alle erfüllt sind, sie also genug Futter hat, einen sicheren Schlafplatz und einen ruhigen Rückzugsort, dann kann sie auch andere Katzen neben sich dulden.
Aber Katzen haben kein ausgeprägtes Sozialverhalten und verfügen nicht über Beschwichtigungsgesten oder Unterwerfungsposen wie es beispielsweise Hunde tun (Schwanz einkneifen, an der Schnauze des anderen Lecken, auf den Rücken rollen, winseln, jaulen, etc.). Ob eine Katze das Bedürfnis nach Gesellschaft anderer Katzen hat, mit anderen Katzen schmusen oder sich gegenseitig putzen will, das hängt sehr davon ab, wie die Katze sozialisiert ist und ob die andere Katze zu ihr passt. Grundsätzlich haben Katzen kein evolutionäres Bedürfnis nach der ständigen Nähe von Artgenossen. Vielmehr verursacht der unausweichliche Kontakt mit anderen Katzen vielfach Stress, gesundheitliche Probleme, Aggression und Verhaltensauffälligkeiten wie Unsauberkeit (Casey 2015).
Wurfgeschwister, Mutter und Töchter haben oft ein recht enges Verhältnis und teilen sich oft (aber nicht immer) harmonisch Haus und Garten. Freigänger suchen Plätze auf, um dort mit anderen Katzen zusammenzutreffen. Bei verwilderten Katzen kommt es vor, dass Mütter sich die Wurfhöhle teilen und abwechselnd die Jungen bewachen und auf die Jagt gehen. Um Futterplätze herum bilden sich Katzenkolonien, die solange harmonische funktionieren, wie es keine Konkurrenz um die vorhandenen Ressourcen gibt.
Diese Sozialkontakte sind immer freiwillig. Die Katzen entscheiden selbst, mit wem sie wann und wie lange ihre Zeit verbringen wollen. Auch innerhalb der Kolonien gibt es Individuuen, die keine engen Bindungen eingehen.

Sozialisierung und Vergesellschaftung

Mutter und Kind

Wenn sie älter sind wandern die Kinder normalerweise aus dem Revier der Mutter ab und machen Platz für den nächsten Wurf.
Katzen werden mit der Fähigkeit geboren soziale Verhaltensweisen zu erlernen. Im Umgang mit Mutter, Geschwistern und anderen Katzen lernen die Jungtiere Signale zu deuten und sich bei anderen Katzen Respekt zu verschaffen oder sich unterzuordnen.
Werden Katzen zu früh von ihrer Mutter getrennt und dann über Monate oder Jahre allein gehalten, fehlen ihnen die notwendigen Erfahrungen Signale richtig zu deuten. Sie können dann extrem aggressiv oder völlig verängstigt reagieren, wenn sie auf Artgenossen treffen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine solche Katze mit einer anderen vergesellschaftet werden kann. Aber einen Grund dafür gibt es nicht. Die Ansicht, dass die Katze auch nach einer monatelanger, stressiger Zusammenführung letztendlich nur Vorteile durch die Vergesellschaftung hat, kann ich nicht teilen.
Katzen die von klein auf immer zusammen gelebt haben und sich gut verstehen, sollte man nicht trennen. Aber es sollte sich jeder gut überlegen, ob er beim Verlust der Partnerkatze eine neuen Gefährten als Ersatz für sein Tier aussuchen will.

Einzelhaltung ist keine Isolationshaft

Katzen mit Freigang benötigen keinen Partner, der ihnen Gesellschaft leistet. Sie können bei Bedarf Kontakt zu anderen Tieren pflegen und sich jeder Zeit ins eigene Revier zurückziehen, wenn sie ihre Ruhe wollen.
Bei reiner Wohnungshaltung sieht das anders aus. Ist den ganzen Tag jemand zu Hause, wird die Katze sich beim Menschen Zuwendung und Spieleinheiten abholen. Darauf sollte man auch eingehen, denn im Haus hat die Katze nur wenig Abwechslung und kann durch Langeweile depressiv und krank werden. Ein Partner, der sich in der gleichen Wohnung langweilt hilft der Katze dabei nicht.
Lediglich, wenn die Katze viel allein zu Hause ist, sehe ich einen Vorteil in der Vergesellschaftung mit anderen Katzen. Wenn man weiß, dass man wenig zu Hause ist, sollte man es sich gut überlegen, ob man überhaupt Zeit für eine Katze hat. Wenn es denn aber sein soll, dann schafft man sich Idealfall von Anfang an zwei oder mehr Katzen gleichzeitig an, die sich bereits kennen. Das können zum Beispiel Wurfgeschwister sein oder auch Tiere aus einer Gruppe im Tierheim.
Beschäftigen muss man die Katzen dann aber trotzdem und die Gruppenhaltung bringt einige andere Probleme mit sich, über die man sich im Klaren sein sollte (siehe: Gruppenhaltung von Katzen). Dekoelement

Quellen:

R. Casey (2015): Keeping Cats Together: Potential Welfare Implications of Multi-Cat Households.- World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2015 S. L. Crowell-Davis, T. M. Curtis, R. J. Knowles (2004): Social organization in the cat: a modern understanding.- Journal of Feline Medicine and Surgery 6, 19 - 28

Miamor: Katzen und ihr Revier

Catplus.de: Das Heim erster Ordnung

Deutscher Tiertschutzbund - Katzenhaltung

STS - Merkblatt - Artgerechte Katzenhaltung

Katzensprache: Revierverhalten

Lieblingstier.info: Sozialverhalten von Katzen

Schwierigkeiten im Mehrkatzenhaushalt

international cat care: The Social Structure of Cat Life

TVT: Merkblatt Nr. 139 Empfehlungen zur Katzenhaltung in privaten Haushalten

Multicat households and aggression

How to Handle A Multi-Cat Household
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