Gruppenhaltung, der Mehrkatzenhaushalt

Dekoelement
Das die meisten Katzen von Natur aus Einzelgänger sind und die Hauskatze im Laufe ihrer Domestikation eine gewissen Anpassung an das Leben in Gruppen entwickelt hat, habe ich bei der Einzelhaltung erläutert.
Die Haltung mehrere Katzen gilt heute bei manchen Katzenbesitzern als artgerecht und Einzelhaltung wird von manchen Haltern und Züchtern zu unrecht abgelehnt. Es gibt oft Probleme im Mehrkatzenhaushalt. Es ist darum wichtig das Verhalten von Katzen in der Gruppe zu beobachten und herauszufinden, ob wirklich alle Katzen alles haben was sie brauchen. Sonst entsteht Dauerstress, der zu Verhaltensauffälligkeiten und sogar zu chronischen Krankheiten führen kann.

Dauerstress bei Gruppenhaltung

verwilderte Katzen

Eine Kolonien verwilderter Katzen ist nicht mit einer Gruppe Wohnungskatzen vergleichbar. Im Freien können unterdrückte Tiere in Nachbarreviere ausweichen. In der Wohnung nicht.

ängstliche Katze

Unterlegene Katzen leiden im Revier der dominanten Tiere unter Dauerstress.
Katzen einer sozialen Gruppe putzen sich gegenseitig und reiben sich aneinander. Dadurch bekommen sie einen gemeinsamen Gruppengeruch, der sie von anderen fremden Katzen und anderen sozialen Gruppen abgrenzt. Zu einer Gruppe gehörige Tiere suchen gegenseitige Nähe und ruhen meist weniger als einen Meter von einander entfernt. Sie nutzen gemeinsame Ressourcen wie Futterschüsseln, Wassernapf und Katzenklo.
Es kann aber durchaus sein, dass in einem Mehrkatzenhaushalt mehrere soziale Gruppen existieren und diese sich gegenseitig unter Druck setzen. Ebenso ist es möglich, dass einzelne Katzen ausgeschlossen werden und ihnen der Zugang zu Futter, Wasser oder der Toilette versperrt wird. Hier ist aufmerksames Beobachten gefragt. Nicht immer äußern sich Unstimmigkeiten in Kämpfen.
Manchmal kommt es ganz plötzlich zu Reibereien zwischen Katzen, die sich früher immer gut verstanden haben. Auslöser kann ein fremder Geruch an einer Katze sein (z. B. nach einem Tierarztbesuch). Manchmal bringen Katzen aber auch Stress oder Schreck aus einem plötzlichen Geschehen mit einer anderen Katze in Zusammenhang.
Eine dominante Katze kann durch Drohstarren oder ihre bloße Anwesenheit in einem Bereich den Zugang zum Katzenklo oder zu Futter und Wasser für eine andere Katze versperren. Das ist für Katzenhalter nicht immer klar zu erkennen, kann aber für die unterdrückte Katze grossen Stress bedeuten.
Es kann zu einer ganzen Reihe von Verhaltensauffälligkeiten kommen. Häufig sind Unsauberkeit oder das markieren mit Urin. Übermässiges Putzen weist auf chronischen Stress hin. Ebenso können sich Katzen verstecken, passiv werden oder offene Aggression gegen andere Katzen oder den Halter zeigen.
Darüber hinaus wurde chronischer Stress mit Feliner Idiopathischer Cystitis (FIC = idiopathische Blasenentzündung) bei Katzen in Verbindung gebracht. Viele Katzen auf engem Raum, häufig wechselnde Zusammensetzung der Population und ein Mangel an Ressourcen sind häufige Ursachen Stress und Fehlverhalten (Casey 2015).

Katzen neu zusammenführen

Katzengeschwister

Geschwister gehen leichter enge Beziehungen ein.
Für den Menschen als soziales Wesen ist es logisch, dass ein Artgenosse die Lebensqualität erhöht. Katzen sind aber von Natur aus Individualisten und die meisten Wildkatzen leben als Einzelgänger. Durch die Domestikation und die Versorgung mit Futter durch den Menschen haben Hauskatzen eine Toleranz für eine geselligere Lebensweise entwickelt. Sie suchen die Gesellschaft des Menschen und die ihnen bekannter Katzen. Für Katzen, die ausschließlich in der Wohnung gehalten werden und viel allein sind, ist ein passender Partner eine gute Gesellschaft. Er ersetzt aber nicht die Interaktion mit dem Halter. Wichtig ist, dass sich die Katzen verstehen, ergänzen und im Temperament zusammen passen. Ideal ist es, wenn die Tiere ganz jung zusammen kommen, wenn es sich um Geschwister, Mutter mit Kind oder Katzen handelt, die sich schon kennen.
Wer seine Katze vergesellschaften möchte, kann nicht einfach eine fremde Katze mit in das Kernrevier bringen und erwarten, dass sich die Katze über diesen fremden Eindringling freut. Es wird einige Zeit dauern, in der die Katzen ohne direkten Kontakt an den Geruch, die Stimme und auch an den Anblick der jeweils anderen gewöhnen. Das gilt sowohl bei der Vergesellschaftung von Einzelkatzen, als auch bei der Einführung einer Katze in eine bestehende Gruppe.
Damit das auf Dauer gut geht, muss für jede Katze alles Notwendige vorhanden sein. Jede Katze braucht ihr eigenes Klo, einen Futternapf und einen Fressnapf. Auch geeignete Schlafplätze müssen in ausreichender Menge vorhanden sein.

Ausreichend Raum und Struktur

Eine Wohnung oder ein Haus muss für eine Gruppe von Wohnungskatzen groß genug und gut strukturiert sein. Die Katzen müssern die Möglichkeit haben sich von den anderen zurückzuziehen.
fauchende Katze

Nicht immer sind Katzen in ihrer Ablehnung so deutlich.
Im Idealfall gibt es mehrere Zugänge zu Futterplätzen und Toiletten, damit Katzen nicht unbedingt aneinander vorbei müssen, wenn sie die Ressourcen nutzen möchten.
Für die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. empfiehlt: "Bei der privaten Haltung von Katzen ohne Freigang ist pro Tier mindestens ein für diese Tierart nutzbarer Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Formel: Anzahl der gehaltenen Katzen = Mindestanzahl der zur Verfügung gestellten, nutzbaren Wohnräume. Unter "Wohnraum" sind vom Menschen genutzte, beheizbare Räume mit Fenster und einer Fensterfläche von mindestens 1/8 der Grundfläche zu verstehen."[...] "Im Haus lebende Katzen haben kaum Ausweichmöglichkeiten und müssen sich den Gegebenheiten anpassen. Somit ist auf Stresssymptome besonders zu achten. Fauchen, Knurren und starkes Rückzugsverhalten bei Kontakt mit Artgenossen ohne größere Ausweichmöglichkeiten darf nicht länger als 4 Wochen akzeptiert werden. Ist das Stressverhalten ausgeprägt und reduziert sich auch nach ein paar Tagen nicht, muss die Katze zunächst einzeln, eventuell auch auf Dauer alleine gehalten werden. In solchen Fällen sollte überdacht werden, ob dieses einzelne Tier gegebenenfalls in einer anderen Haltung und mit diesem Tier sozialverträglichen Katzen besser untergebracht wäre, oder ob es sich tatsächlich um einen absoluten Einzelgänger handelt. Absolute Einzelgänger ohne Freigang brauchen in jedem Fall mehrere Stunden täglich die Option zu Kontakt zu ihrer Betreuungsperson." [...]
Sozial verträgliche Katzengruppen benutzen in der Regel Ressourcen (Futter, Wasser, Toiletten) gemeinsam, so dass eine geringere Anzahl akzeptabel sein kann.
- Katzentoiletten: pro Katzengruppe zwei, nicht unmittelbar nebeneinander aufgestellt, bei unklarer Gruppenkonstellation oder wechselnder Besetzung besser zwei Toiletten pro Katze bzw. für jede weitere Katze eine zusätzlich.
- ein Futternapf pro Katze, mindestens 3 Meter von den Katzentoiletten entfernt
- ein Wassernapf pro Katze, mindestens 3 Meter von Futter und Katzentoilette entfernt, gerne "belebtes" Wasser
- tägliche (Teil-)Reinigung der Katzentoiletten, Futter- und Wassernapf
- Zugang zu mehreren Ebenen (Regale, Schränke etc.)
- mindestens eine Rückzugsmöglichkeit pro Katze, nur an einer Öffnung zugänglich, in verschiedenen Ebenen
- adäquate Kratzmöglichkeiten zur Schärfung der Krallen und zum Kratz-Markieren
- Spielmöglichkeiten, mindestens einmal pro Woche wechselnd bei ausschließlich im Haus gehaltenen Katzen
- Kastration aller Katzen, außer Zuchtkatzen
- Impfungen entsprechend Impfleitlinien."

Allgemein gilt, dass die Strukturierung wichtiger ist als die Fläche einer Wohnung oder eines Hauses. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz empfiehlt für jede Katze mindestens einen Raum zu haben. Züchter argumentieren vor allem mit dem Ausbau in die Höhe durch Kratzbäume, Regale oder Klettermöglichkeiten an den Wänden. Je nach Rasse gelten 50 bis 80 Quadratmeter unter Haltern und Züchtern als Minimum für die Katzenhaltung in Wohnungen. Für Siam-Katzen gilt eine Wohnung mit 50 bis 60 Quadratmetern als Minimum für zwei Tiere. Für die großen Main Coon werden 80 Quadratmeter für ein Tier empfohlen. Für jedes weitere Tier sollten 10 weitere Quadratmeter vorhanden sein.

Logistische Probleme im Mehrkatzen-Haushalt

Katzenkot

Katzenkot ist bei Katzenhaltung nicht zu vermeiden.
Abgesehen davon, dass die Haltung mehrerer Katzen eine Multiplikation der Kosten von rund 75 € pro Monat und Tier (siehe: Was kostet eine Katze?) mit sich bringt, birgt sie auch logistische Probleme. Zum Beispiel muss mehr gebrauchte Katzenstreu entsorgt werden. Bei der gemeinschaftlichen Nutzung von Abfalltonnen mit Nachbarn kann das zu einem Problem werden. Aber auch wenn der Halter eine eigene Tonne hat, ist auch die irgendwann einmal voll. Die Verwendung von kompostierbarer Streu oder solcher, die durch die Toilette entsorgt werden kann, kann helfen das Entsorgungsproblem zu mildern. Das setzt aber voraus, dass die Katzen diese annehmen. Es muss ausserdem täglich Zeit für die Reinigung von Katzentoiletten und Futterschüsseln aufgewandt werden.
Nachbar müssen zwar gemäß einiger Gerichtsurteile ein oder zwei Katzen und ihre Hinterlassenschaften in ihrem Garten dulden, aber das heißt nicht, dass sie sich über Katzenkot im Sandkasten freuen. Mit der Zahl der Freigängerkatzen steigt darum das Konfliktpotential an.
Und wie bekommt zwei oder mehr Katzen zum Impfen oder zum Checkup zum Tierarzt? Alle in einer Box? Oder hat man für jede Katze eine eigene? Wenn ja, wo bleiben die, wenn sei nicht gebraucht werden? Was passiert, wenn sich die Katzen nicht vertragen? Ist die getrennte Haltung möglich?
Es schadet nicht sich ein Paar Gedanken zu machen, bevor man sich zur Haltung einer Gruppe Katzen entschließt. Dekoelement

Quellen:

R. Casey (2015): Keeping Cats Together: Potential Welfare Implications of Multi-Cat Households.- World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2015

S. L. Crowell-Davis, T. M. Curtis, R. J. Knowles (2004): Social organization in the cat: a modern understanding.- Journal of Feline Medicine and Surgery 6, 19 - 28

Miamor: Katzen und ihr Revier

Catplus.de: Das Heim erster Ordnung

Deutscher Tiertschutzbund - Katzenhaltung

STS - Merkblatt - Artgerechte Katzenhaltung

Katzensprache: Revierverhalten

Lieblingstier.info: Sozialverhalten von Katzen

Schwierigkeiten im Mehrkatzenhaushalt

international cat care: The Social Structure of Cat Life

TVT: Merkblatt Nr. 139 Empfehlungen zur Katzenhaltung in privaten Haushalten

Multicat households and aggression

How to Handle A Multi-Cat Household
Dekoelement