Wie bestimme ich das Idealgewicht meiner Katzen?

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Im Jahr 2018 verglich eine schwedische Forschergruppe die Angaben zum Körpergewicht aus den Krankenakten von 1072 Katzen einer Tierklinik und 1665 Fragebögen von Tierhaltern mit der Einschätzung des Gewichts ihrer Tiere. Während 45% der Tiere in der Tierklinik übergewichtig waren, gaben nur 22% der Tierhalter an, ihr Tier seit übergewichtig (Ohland et al. 2018).
Übergewicht ist aber ein Riskofaktor für viele Katzenkrankheiten: Diabetis, Harnwegserkrankungen, Gelenkprobleme, Kreislaufprobleme, Atembeschwerden usw. . Darum ist es wichtig, das Gewicht der eigenen Katze im Auge zu behalten.
Beim Menschen lässt sich das Idealgewicht an Hand der Körpergröße abschätzen und Unter- bzw. Übergewicht über den Body-Mass-Index (BMI) aus Gewicht und Körpergröße errechnen. Bei Katzen ist das leider nicht ganz so einfach. Die Proportionen der verschiedenen Rassen sind zu unterschiedlich.

Als Beispiel findet ihr Richtwerte für normalgewichtige Katzen von 4 Rassen in der nachstehenden Tabelle. Da es zwischen den Tieren einer Rasse Unterschiede in der Größe gibt, gibt es eine Varianz des Normalgewichts, die bei großen Rassen mehrere Kilogramm umfassen kann.

Mittleres Normalgewicht bestimmt aus der Beurteilung von über 600 Katzen (Auszug aus Moik 2010).

Rasse weiblich intakt weiblich kastriert männlich intakt männlich kastriert
Hauskatze 3,3 kg 3,5 kg 4,3 kg 4,3 kg
Main Coon 4,9 kg 3,9 kg 6,3 kg 4,9 kg
Perser 3,0 kg 3,1 kg 4,1 kg 4,4 kg
Siam 2,9 kg 2,8 kg 3,6 kg 3,6 kg


Das Idealgewicht wird bei Katzen durch den Körperfettanteil definiert. 15 - 24 % Körperfettanteil sind bei Katzen mit Idealgewicht normal. Tierärzte können den Körperfettanteil durch mit Röntgendiagnostik und Ultraschall genau bestimmen. Meisten verwenden sie zur Beurteilung aber den Body Condition Score (BCS), der leicht mit blossem Auge zu erfassen ist. Es gibt aber auch noch andere Methoden.

BCS = Body Condition Score

BCI

Die Körperkonturen sind nicht immer gut zu erkennen. Am Bauchriemen vom Geschirr ist gut zu sehen, wie "aufgeplüscht" das Fell zum Zeitpunkt des Fotos war. Auf dem linken Bild ist die eigentliche Körperform skizziert.
Für die Bestimmung des BCS werden Katzen an Hand ihrer Körperform und der Ausprägung von Fettpolstern in 5 oder in 9 Gruppen eingteilt.
BCS

9-Punkte-Skala des Body Condition Score bei Katzen


Bei einer gut genährten Katze mit Idealgewicht sind die Rippen nicht sichtbar, aber gut zu ertasten. Der Körper hat eine sichtbare Taille. Es ist ein kleines Fettpolster am Bauch vorhanden. Von der Seite betrachtet ist die Bauchlinie nach hinten hochgezogen, was bei Katzen mit längerem Fell aber kaum sichtbar ist. Das entspricht einem BCS von 4 - 5 auf der Skala mit 9 Gruppen bzw. einer 3,5 auf der Skala mit 5 Gruppen. Felix fällt mit seinem Körperbau in die Gruppe 5.

Es sind im Internet viele Datenblätter mit Skizzen und Beschreibungen der einzelnen Klassen zu finden.

FBMI = Feline Bodymass Index

Messung

Für die Messung des Brustumfangs sollte die Katze stehen und den Kopf möglichst waagerecht halten. Im Sitzen oder liegen ist der Brustumfang etwas größer, wodurch ein zu hoher Körperfettanteil berechnet würde. Gemessen wird an der 9. Rippe (5. von hinten).
Für den Feline Bodymass Index gibt es zwei verschiedene Definitionen.

1. fBMI in kg/m
Der fBMI ist gleich Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Unterschenkellänge in Metern.
Am Beispiel von unserem Kater Felix ergibt das: 4,6 /0,16 = 28,75 kg/m

Diese Berechnungsmethode scheint nicht sehr gebräuchlich zu sein. Ich habe sie in der Literatur lediglich bei Eiji Iwazaki et al. (2018) gefunden. Eine eindeutige Zuordnung der Ergebnisse zu allen BCS - Klassen liegt nicht vor. Es wird aber angegeben, das der fBMI für Katzen der mit einem BCS (5 Klasssen) von 3 zwischen 24 und 32 und bei einem BSC von 4 zwischen 33 und 37 liegt.
Mit diesen Werten können wir versuchen das Gewicht für unseren Stubentiger zu berechnen, weil die Länge des Unterschenkels bekannt ist, ebenso wie der aktuelle fBMI und das Ziel von 24 bis 32 kg/m.
Nehmen wir an, dass eine Katze 8 kg wiegt und der Unterschenkel 16 cm lang ist. Dann hat sie einen FBMI von 50 kg/m und ist fettleibig. Für das Idealgewicht wollen wir 28 kg/m erreichen. Dazu teilen wir den gewünschten Wert durch den aktuellen und multiplizieren das aktuelle Gewicht dann mit dem Ergebniss. 28 kg/m geteilt durch 50 kg/m = 0,56 (Verhältnis von aktuell zu Wunsch 1 zu 0,56). 8 kg * 0,56 = 4,48 kg. Die Katze muss 3,52 kg abnehmen, um ihr Idealgewicht zu bekommen.

2. FBMI nach Butterwick in %
Bei dieser Variante werden Brustumfang und Länge des Unterschenkels gemessen.
((Brustumfang / 0,7062) - Unterschenkellänge)) / 0,9156 - Unterschenkellänge = Körperfettanteil in %. Bei langhaarigen Katzen müssen vom Brustumfang 3 cm abgezogen werden (Moik 2010).
Am Beispiel von unserem Kater Felix ergibt sich: ((33 / 0,7062 ) - 16) / 0,9156) -16 = 17,5 %
Normalgewichtige Katzen haben zwischen 10 und 30 % Körperfett.

Diese Formel findet auch bei vielen BMI-Rechnern für Katzen im Internet Verwendung. Besonders einfach ist die Verwendung einer Vergleichstabelle.

Beziehung zwischen Brustumfang und Unterschenkellänge und dem Körperfettanteil bei Katzen (aus Moik 2010)

FBMI

Moik (2010) erfasst die Gewichte von insgesamt 614 Katzen aus 28 Rassen und klassifizierte sie nach BCS und FBMI. Dadurch erhielt sie einen Überblick über das Normalgewicht der Rassen. Die Tabelle gibt auszugsweise die Ergebnisse dieser Erhebung wieder.

Rasse weiblich intakt weiblich kastriert männlich intakt männlich kastriert
Hauskatze 3,3 kg 3,5 kg 4,3 kg 4,3 kg
Main Coon 4,9 kg 3,9 kg 6,3 kg 4,9 kg
Perser 3,0 kg 3,1 kg 4,1 kg 4,4 kg
Siam 2,9 kg 2,8 kg 3,6 kg 3,6 kg


Bei in dieser Studie untersuchten Tieren waren bei den intakten Katzen insgesamt nur 4,8 % der untersuchten Tiere übergewichtig (BCS >5). In der Gruppe der kastrierten Kater hatten 49,5 % und bei den kastrierten Kätzinnen 37,9 % Übergewicht. Kater bauen nach einer Kastration Muskelmasse ab und lagern mehr Fett ein. Da Fett leichter ist als Muskelmasse kann bei ihnen bei gleichbleibendem Gewicht der Körperfettanteil steigen. Weniger als 2 % der Katzen in dieser Untersuchung hatten Untergewicht.

Dass kastrierte Katzen grundsätzlich häufiger Übergewicht haben, lässt sich aus dieser Studie nicht ablesen. In dieser Studie wurden unkastrierte Rassekatzen auf Ausstellungen vermessen und Katzen von Privatleuten in Tierarztpraxen. Da die meisten unkastrierten Tiere Ausstellungstiere von Züchtern waren, ist es wenig verwunderlich, dass in dieser Gruppe die Zahl der gut proportionierten, normalgewichtigen Katzen besonders hoch war. Die meisten kastrierten Tiere waren dagegen Hauskatzen von privaten Haltern.
Es lässt sich also vermuten, dass Katzen in den Privathaushalten eher zu Übergewicht neigen als Katzen bei Züchtern oder das übergewichtige Katzen häufiger zum Arzt müssen.
BCI

Felix und Fritz in vergleichbaren Positionen. Die überschüssigen Fettpolser sind bei Fritz nicht zu übersehen.

Fritz vs. Felix - Schwergewicht gegen Mittelgewicht

Felix ist nicht meine erste Katze. Die erste hieß Tapsi. Die zweite war Charlene. Später übernahmen wir einen bereits recht betagten Katzensenioren mit Namen Fritz. Und nun ist eben Felix da.
Im Vergleich zu den beiden ersten Kätzinnen, sind die Kater größer und massiger. Charlene war trotz Freigang und Jagd (Mäuse, Maulwürfe, Kaninchen, Vögel) sehr fett. Als sie älter wurde, nahm sie plötzlich in kurzer Zeit rapide ab und war dann in ihren letzten 5 bis 6 Lebensjahren eher sportlich gebaut.
Fritz war bereits 16 Jahre alt und extrem fettleibig, als er bei uns einzog. Das absolute Highlight war, als er bei seinem Vorbesitzer in der Katzenklappe stecken blieb und die Verkleidung der Katzentür als Gürtel trug, als er vor meiner Wohnungstür auftauchte. Trotz strenger Rationierung des Futters nahm er bis zu seinem Tod im Alter von 22 Jahren nicht genug ab, um irgendwann einmal als normalgewichtig durchzugehen. Seine Beweglichkeit war zusätzlich durch geschädigte Kniegelenke (nach Autounfall) und Arthrose (vor allem in den Schultern) beeinträchtigt. Dennoch brachte dieser Klops fast täglich Mäuse mit nach Hause. Seine Fangmethode war perfekt an seinen eher trägen Lebensstil angepasst. Fritz setzte sich einfach an den Rand eines Feldweges und wartete darauf, dass die Mäuse die Strasse direkt vor ihm überquerten. Ein Vorgehen, das wir aus dem Küchenfenster immer wieder beobachten konnten.
Tapsi war ebenfalls eine Freigängerin. Ihre Figur war sportlich und entsprach der von Felix.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern darf Felix nicht allein nach draussen. Er bewegt sich vielleicht weniger als seine Vorgänger. Darum wird sein Gewicht und seine Fütterung auch so akribisch von mir überwacht. Wir haben bereits Erfahrungen mit den gesundheitlichen Einschränkungen von übergewichtigen Katzen und brauchen das alles nicht mit Felix wiederholen.

Ursachen von Übergewicht

Die Ursache von Übergewicht bei Katzen ist zu viel Futter.
Natürlich können wir versuchen die böse Futtermittelindustrie verantwortlich zu machen, dass sie Lockstoffe und ganz viele Kalorien in ihr Futter macht. Tatsächlich liegt die Schuld beim Halter. Besonders beim Trockenfutter wird oft zu großzügig gefüttert. Wenn wir unserer Katze einen Futterspender mit 1 Liter Trockenfutter voll machen und nicht realisieren, wie oft der gelangweilte Stubentiger diese Menge in einer Woche verputzt, dann brauchen wir uns über Gewichtsprobleme nicht wundern. Die Trockenfutter haben eine sehr hohe Nährstoff- und Energiedichte und brauchen nur in geringen Mengen von etwa 40 bis 60 g am Tag verfüttert werden. Es gibt aber auch beim Nassfutter Unterschiede. Wie ihr die passende Futtermenge für euer Tier berechnet könnt ihr hier nachlesen: "Welchen Nährwert hat Katzenfutter?"

Quellen:

M. Ohlund, M. Palmgren, B. Strom Holst (2018): Overweight in adult cats: a cross-sectional study.- Acta Vet Scand (2018) 60:5

Katja Moik (2010): Feldstudie zur Körpermasse von Katzen in Abhängigkeit von Rasse, Geschlecht und Alter.- Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

Eiji Iwazaki, Marina Hirai, Yoshiyuki Tatsuta, Toshihiro Nade (2018): The relationship among ultrasound measurements, body fat ratio, and feline body mass index in aging cats.- Japanese Journal of Veterinary Research 66(4): 273-279, 2018
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