Maus und Spatz als Vorbild für naturnahe Katzennahrung?

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Die Maus dient immer als Referenz, wenn es darum geht, wie naturnahe Nahrung für Katzen zusammengesetzt sein soll. Mehr, als dass sie 70 % Wasser enthält, erfährt man aber selten.
Manche Katzenhalter lehnen bestimmte Futtersorten ab, weil ihnen 70% Fleisch darin zu wenig ist oder sie keine "tierischen Abfälle" an ihre Katzen verfüttern wollen. Tatsache ist aber, dass Katzen ihre Beute mit Haut und Haaren, Feder, Knochen, Schnäbeln, Füßen, Krallen und Kopf fressen. An die Verwertung dieser Zusammensetzung an Fleisch, Mineralien und Ballaststoffen sind Katzen evolutionär angepasst. Darum finde ich die Empörung darüber, dass Hühnerköpfe und Hühnerfüße in Katzenfutter verarbeitet sein können, unverständlich. Zumal Hühnerhälse bei der Rohfütterung als wertvolle Mineralstoffquelle gelten.

Fleischfresser Katze

Fleisch ist definiert als Skelettmuskulatur von Schlachttieren mit anheftendem Fett und Sehnen. Sämtliche anderen Bestandteile der Tiere sind tierische Nebenprodukte.
Die Vorstellung, dass eine Katze ein Fleischfresser ist und ausschließlich mit "Fleisch" ernährt werden kann, ist falsch. Katzen können schwer erkranken, wenn ihre Nahrung nicht richtig zusammengesetzt ist (siehe: Mangelernährung bei Rohfütterung). Innereien enthalten Vitamin A, Vitamin B12, Biotin, Vitamin B2 und Vitamin B5. Die Knochen ihrer Beutetere versorgen die Katze mit Mineralien (Kalzium, Phosphor und Natrium). Knorpel, Fell und Federn sind unverdauliche Ballaststoffe, die die Darmtätigkeit regulieren (siehe dazu: Ballaststoffe).

Ich habe einmal die Literatur durchforstet auf der Suche nach einer vollständigen Deklaration für Maus, Haussperling und Eidechse. Mäuse haben nur 58% Fleischanteil, ein Spatz 54% und bei Eidechsen sind es weniger als 20%. Der Rest sind "tierische Nebenprodukte".
Katze mit Maus

Mäuse sind die hauptsächlichen Beutetiere von Katzen.

Zusammensetzung einer Hausmaus

Eine Hausmaus (Mus musculus) wiegt zwischen 25 und 40 g.
Eine offenen Deklaration für Maus in der Dose würde so aussehen:
58% Fleisch, 42% tierische Nebenprodukte (bestehend aus 17% Haut, Fell und Unterhautfettgewebe, 4% Bauchfett, 8,2% Magen-Darm-Trakt, 5% Knochen, 4,4% Leber, 0,69 % Lunge, 0,63% Bauchspeicherdrüse, 0,54 % Speicheldrüsen, 0,43% Herz, 0,37 Milz, 0,15% Gehirn, 0,13 % Nieren, 0,11% Uterus oder Hoden, 0,01 % Thymus), Wassergehalt: 64 - 72 %.
Haussperling

Haussperlinge und andere kleine Singvögel werden von Katzen erbeutet.


Zusammensetzung eines Hausperlings

Ein Haussperling (Passer domesticus) wiegt ca. 30 g.
Eine offenen Deklaration würde so aussehen:
54% Fleisch, 46% tierische Nebenprodukte (bestehen aus 10,8 % Magen und Darm, 7% Fett, 6,3% Federn, 5% Lunge, 4,8% Knochen, 3,6% Leber, 3,5% Hirn, 2% Augen, 1,3% Herz, 1 % Nieren und 0,2 % Milz), Wassergehalt: 66,5 %.
Katze mit Maus

Zauneidechsen passen ins Beuteschema

Zusammensetzung eines kleinen Reptils

Kleine Reptilien sind in Deutschland eher selten Beutetiere von Hauskatzen. Verwilderte Tiere in Neuseeland und Australien machen aber durchaus Jagd auf Echsen oder Schlangen.
Bei Reptilien liegt der Wassergehalt des Körpers zwischen 61 und 78%. Bei kleinen Arten (2 bis 6 g) macht die Leber etwa 3 bis 3,5 % der Körpermasse aus, den gleichen Anteil hat der Magen-Darm-Trakt. Das Gehirn hat einen Anteil von ca. 1 % an der Gesamtkörpermasse. Etwa 0,5 bis 0,7% des Körpergewichts entfallen auf die Nieren und 0,5 bis 0,6 % auf das Herz. Das Blut macht 5 bis 8% aus. Der Fettgehalt ist sehr variabel und hängt bei wildlebenden Tieren von der Jahreszeit ab. Vor der Winterruhe sind die Tiere naturgemäß besser ernährt als danach. Die Variationsbreite reicht von 0,5 bis 11%. Die Muskulatur und das Skelett machen zusammen etwa 23 - 24 % der Körpermasse aus. Bei 5% Knochenanteil entfallen nur etwa 18 bis 19% auf Fleisch.

Katzen sind keine Menschen

Katze mit Maus
Halter wollen das Beste für ihre Katze. Dabei wird aber manchmal vergessen, dass Katzen keine Menschen sind. Wir Menschen können Knochen, Fell und Federn nicht essen und bevorzugen Muskelfleisch für unsere Ernährung. Wir würden aber schnell unter Mangelernährung leiden, wenn wir uns ausschließlich von schierem Fleisch ernährten. Wir nehmen Ballaststoffe und viele Vitamine und Mineralstoffe mit unseren pflanzlichen Nahrungsbestandteile auf.
Auch für die Katze ist reines Fleisch keine ausgewogene Ernährung. Ballast- und Mineralstoffe, Vitamine und Fettsäuren nimmt sie mit den Knochen und Innereien ihrer Beutetiere auf. Es ist für sie völlig normal Köpfe und Füsse zu fressen. Darum ist es unangemessen von dieses tierischen Nebenprodukten im Katzenfutter als Müll oder billigen Schlachtabfall zu sprechen. Auch wenn wir als Katzenhalter solche Teile nicht essen, sind sie für die Katze dennoch ganz normale Nahrungsbestandteile.
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Quellen:

T. R. Anderson (2006): Biology of the Ubiquitous House Sparrow: From Genes to Populations.- Oxford University Press

M. J. Angilletta Jr (1999): Estimating Body Composition of Lizards from Total Body Electrical Conductivity and Total Body Water.- Copeia, 1999(3), pp. 587 - 595

A. Liro (1985): Variation in Weights of Body and Internal Organs of the Field Mouse in a Gradient of Urban Habitats.- Acta Theriologica Vol. 30, 24: 359 - 377

C. E. Schneemeier (2008): Untersuchungen zur Körperzusammensetzung von Echsen.- Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

Tran Van Tuyen (2004): Phänotypische und genotypische Charakterisierung der ENU-induzierten Mausmutante HST001 zur Verwendung für die nephrologische Forschung.- Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

W. Westheide, G. Rieger (2009): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere.- Springer Verlag

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