Macht Trockenfutter Katzen krank?

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Vielfach kann man hören oder lesen, dass Trockenfutter Katzen krank macht. Es verursacht angeblich Nierensteine, chronisches Niereninsuffizienz, Allergien und Zahnprobleme, sowie Übergewicht und Diabetis. Wer Trockenfutter füttert, bekommt ein schlechtes Gewissen, wird angefeindet oder wird sogar aus Facebookgruppen ausgeschlossen bzw. gar nicht erst reingelassen.
Das Thema wird aggressiv diskutiert, aber Belege für ihre Behauptungen liefern die Trockenfutter-Gegner keine. Man muss sich schon selbst auf die Suche nach Literatur machen, wenn man irgendeine dieser alternativen Fakten überprüfen will. Also habe ich das getan. Was dabei rauskam, könnt ihr hier nachlesen. Um die Antwort vorweg zu nehmen: Nein. Trockenfutter ist nicht schädlich für Katzen!

Ist Trockenfutter grundsätzlich schlechter als Nassfutter?

Katzenfutterqualität

Qualitätsvergleich von Trockenfutter und Nassfutter nach Davis 2017
Nein.
Es gibt gute und schlechte Sorten bei den Trockenfuttern und den Nassfuttern. Eine brittische Studie aus dem Jahr 2017 stellte fest, dass Trockenfutter zu einem größeren Anteil besser abschnitten als Nassfutter. Untersucht wurden die Futter auf ihren Mineralstoffgehalt, das Verhältnis von Kalzium zu Phophat und den Gesamtphosphatgehalt. Es stellte sich unter anderem heraus, dass Dosenfutter oft größere Mengen an Phosphor enthält als Trockenfutter und dadurch das Risiko von Harnsteinen und chronischer Niereninsuffizienz erhöht.

Enthält Trockenfutter mehr pflanzliche Inhaltsstoffe als Nassfutter?

Nein.
Manche Tierhalter lehnen Trockenfutter ab, weil es angeblich hauptsächlich aus pflanzlichen Bestandteilen besteht. Das stimmt nicht. Es gibt sowohl Trockenfutter, als auch Nassfutter mit unterschiedlichen Mengen an Getreide, Gemüse und Obst. Hauptbestandteil ist jedoch meistens Fleisch. Eine Ausnahme sind spezielle (Nieren-) Diäten und verschiedene Snacks.
Die pflanzlichen Bestandteile dienen in Alleinfuttermitteln als Ballaststoffe und fördern eine positive Darmflora.
Sowohl bei Trockenfutter, als auch bei Nassfutter gibt es getreidefreie Sorten. Futter, das ausschließlich aus Fleisch und tierischen Nebenprodukten besteht, gibt es allerdings nur als Nassfutter (z. B. als Barf-Menüs). In dem Fall müssen Getreide, Reis, Nudeln oder Gemüse (z. B. Kartoffeln) dazugegegen werden, damit die Katze keine Verstopfung bekommt.

Trinkt die Katze als Wüstentier generell zu wenig und muss darum unbedingt Nassfutter haben?

Katze trinkt

Katzen suchen sich gerne ihre Wasserquelle aus.
Nein.
Zunächst einmal ist die Urahnin unserer Hauskatzen die Falbkatze (Felis silvestris lybica) kein Wüstentier. Sie lebt in der Steppe, im Gebirge und in Wäldern. Anders als echte Wüstentiere, die ihren gesamten Wasserbedarf lebenslang aus ihrer Nahrung decken können (z. B. Fennek und Känguru-Ratte), Wasser speichern (z. B. Dromedar) oder Kondenswasser auf ihrem Körper sammeln (z. B. Nebeltrinker-Käfer), ist die Falbkatze täglich auf Trinkwasser angewiesen. Sie ist es von Natur aus also gewohnt zu trinken.
Tatsächlich trinken Katzen mehr Wasser, wenn sie Trockenfutter bekommen, nehmen aber insgesamt weniger Wasser zu sich, als wenn sie Nassfutter fressen. Aber auch Katzen die Nassfutter bekommen, nehmen weniger Wasser auf, als die Richtwerte für Katzen einer bestimmten Gewichstklasse vorgeben. Darum ist es fraglich, wie viel Wasser eine Katze nun tatsächlich braucht.
Weitere Infos und Quellen findet ihr hier: "Wieviel Wasserbedarf hat eine Katze?"

Trocknet Trockenfutter Katzen aus?

Nein.
Es gibt in keiner wissenschaftlichen Studie Hinweise darauf, dass Trockenfutter zu Deyhrierung von Katzen führt. Wenn das so wäre, müssten Katzen, die Trockenfutter fressen innerhalb weniger Tage verdursten.
Die im Vergleich zur natürlichen Beute und zum Nassfutter geringere Wassermenge gleicht die Katze aus, indem sie Urin mit einer höheren Konzentration an Stoffwechselprodukten abgibt. Sie passt ihre Wasserabgabe der Wasseraufnahme an. Darum trocknet sie nicht aus.
Das führt natürlich zu der Frage, ob die erhöhte Konzentration von Salzen im Harn schädlich für die Katze ist.

Ist durch die Fütterung mit Trockenfutter die Salzkonzentration im Katzenurin zu hoch?

Nein.
Der Harn von wildlebenden Katzen hat nach einer neuseeländischen Studie eine spezifische Dichte von 1.016 bis 1.065 g/l. Die mittlere Dichte des Urins wurde für Kater mit durchschnittlich 1,048 g/l und für Kätzinnen mit 1.045 g/l bestimmt. Bei gesunden Hauskatzen sind Werte zwischen 1.001 und 1.065 g/l normal.
In Fütterungsversuchen mit Trockenfutter und Nassfutter wurden Dichten von 1.028 g/l und 1.043 g/l im Urin gefunden. Bei der Fütterung mit dem gleichen Trockenfutter, dem Wasser zugesetzt wurde und dem gefriergetrocknetem Nassfutter lag die Dichten bei 1.064 g/l und 1.059 g/l.
Die Salzgehalte im Urin von mit Trockenfutter gefütterten Katzen sind im Mittel höher als bei Katzen, die mit Nassfutter gefüttert werden. Die gemessenen Werte bewegen sich aber im Bereich der Konzentration, die für gesunde Katzen normal sind und auch bei wildlebenden Katzen vorkommen.
Weitere Infos und Quellen findet ihr hier: "Wieviel Wasserbedarf hat eine Katze?" und "Was sind die Ursachen von Harnwegserkrankungen bei Katzen?"

Verursacht Trockenfutter Harnsteine?

Nein. Eine ursächliche Beziehung zwischen der Fütterung mit Trockenfutter und der Bildung von Harnsteinen lässt sich nicht feststellen. Hauptursache für Harnsteine sind ein ungünster pH-Wert des Urins und ein Überangebot an Phophor und Kalzium im Futter.
Infos und Quellen findet ihr hier: "Was sind die Ursachen von Harnwegserkrankungen bei Katzen?"

Fördert die Fütterung mit Trockenfutter die Bildung von Zahnstein und Mundgeruch?

Katzenfutter und Zahngesundheit

Beziehung zwischen Futterart und Zahnkrankheiten bei 9074 Katzen.
Nein.
Zahnbeläge und strenger Geruch entstehen durch Bakterien, die sich auf den Zähnen in einem gelblichen Film ansiedeln. Dieser Belag kann verkalken, in dem er Mineralien aus dem Speichel bindet und so zu Zahnstein wird. Das passiert unabhängig davon, ob die Katze Trocken- oder Nassfutter frisst.
Die Zahngesundheit ist bei Katze die Trockenfutter fressen besser, als bei Katzen, die Nassfutter bekommen. Was im Übrigen genauso für Hunde gilt. Einen Überblick dazu gebe ich hier: "Zahngesundheit bei der Katze"

Erhöht die Fütterung mit Trockenfutter das Risiko von Diabetis?

Nein und ja.
Die Entstehung von Diabetis wird durch Fettleibigkeit und eine kohlehydratreiche Ernährung gefördert. Billiges Trockenfutter enthält häufiger eine größere Menge an Energie aus Kohlenhydraten, aber auch in manchen billigen Feuchtfuttern ist der Gehalt zum Teil recht hoch. Es gilt die Empfehlung, dass eine Katze nur 5g verdaubare Kohlehydrate pro Kilogramm Körpergewicht und Tag aufnehmen sollte. Das gewählte Futter soll weniger als 10% Kohlehydrate in der Trockenmasse enthalten. Diese Anforderungen erfüllen gute Trockenfutter.
Aber da Trockenfutter eine größere Energiedichte hat als Nassfutter, wird die Futtermenge für eine Katze bei Trockenfutter häufiger überschätzt. Aus dem Grund sind Katzen, die mit Trockenfutter gefüttert werden häufiger fettleibig als Katzen, die mit Nassfutter gefüttert werden. Bei einer bedarfsgerechten Fütterung mit Trockenfutter werden Katzen aber nicht zu fett und haben dann auch kein erhöhtes Diabetis-Risiko.
Darum lautet die Antwort in diesem Fall ja und nein. Eine Katze, die allein mit Trockenfutter ernährt wird, kann problemlos und gesund leben. Tatsächlich ist aber der Anteil an fettleibigen Katzen bei denen, die die überwiegend mit Trockenfutter gefüttert werden größer als bei anderen Fütterungsvarianten. Dadurch ist auch das Risiko an Diabetis zu erkranken größer.
Wie die richtige Futtermenge für die Katze bestimmt werden kann und wie sich verschiedene Futtersorten unterscheiden erfahrt ihr hier: "Welchen Nährwert hat Katzenfutter?"

Verursacht Trockenfutter Allergien?

Katzenfutter und Zund Allergien

Beziehung zwischen Futterart und Allergien bei 243 Katzen aus Deutschland.
Nein.
Die Frage ist falsch gestellt. Eine Katze oder ein Hund bekommen keine Allergie gegen Trockenfutter, sondern gegen ein bestimmtes Eiweiß, dass im Futter sein kann. Zum Beispiel gegen Getreide, Hühnereiweis oder Fisch. Diese Eiweiße können im Nassfutter und im Trockenfutter vorkommen.
Konkreter besteht der Verdacht, dass durch die Gefriertrocknung und Spaltung der Eiweiße das Risiko einer Allergie vergrößert. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall. Bei einer Allergie reagiert der Körper mit Abwehrmaßnahmen gegen Eiweiße, die er an seiner Oberflächenstruktur erkennt. Sind im Trockenfutter Geflügelprotein oder Rinderprotein, dann sind darin keine vollständigen Eiweiße mehr vorhanden, sondern nur noch ihre Bausteine: Peptide und Aminosäuren. Die erkennt das Immunsystem aber nicht als Feinde und schlägt nicht an.

Fazit

Viele Trockenfuttersorten haben eine bessere Nährstoffzusammensetzung als die meisten Nassfutter. Sie enthalten außerdem deutlich weniger Schadstoffe (Arsen, anorganische Phosphate) als Nassfutter. Darum ist Trockenfutter prinzipiell besser für die Ernährung von Katzen geeignet als Nassfutter. Sowohl ein gutes Nassfutter als auch ein gutes Trockenfutter sind als Alleinfuttermittel für Katzen geeignet.
Davies et al (2017) empfehlen auf Grundlage ihrer Ergebnisse hauptsächlich Trockenfutter zu füttern und es mit etwas Nassfutter zu kombinieren. Es sollten Futtersorten gewählt werden, bei denen die Mineralgehalte (Rohasche) unter 10% bei Trockenfutter und unter 2 % bei Nassfutter liegen. Sorten mit Fisch sollten nur ausnahmsweise gegeben werden. Die gefütterten Sorten/Marken sollten im Laufe der Zeit etwas variieren.
Zu beachten ist, dass ein niedriger Phophorgehalt (ca. 1 % in der Trockenmasse) und ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Kalzium und Phosphor (ca. 1,1 : 0,9) vorliegt. Es gibt einige Futtersorten, bei denen ist der Phosphorgehalt nicht ausgewiesen. Eine dieser Marken fällt regelmäßig in Produkttest mit überhöhten Kalzium- und Phosphatwerten auf (7 bis 8-fach erhöht). Sorten mit einer Angabe zu Ca:P sind darum zu bevorzugen. Aber auch dann können die Werte von den Angaben abweichen.
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Quellen

- ausführlichere Quellenangaben sind bei den einzelnen Themen zu finden

N. St. Becker (2009): Erhebungen zur Fütterung von Hunden und Katzen mit und ohne Verdacht auf eine Futtermittelallergie in Deutschland.- Inaugural-Dissertation zur Erlangung der tiermedizinischen Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

L. F. Böswald, E. Kienzle, B. Dobenecker (2018): Observation about phosphorus and protein supply in cats and dogs prior to the diagnosis of chronic kidney disease.

M. Davies, R. Alborough, L. Jones, C. Davis, C. Williams & D. S. Gardner (2017): Mineral analysis of complete dog and cat foods in the UK and compliance with European guidelines.- Scientific Reports volume 7, Article number: 17107

B. Dobenecker, A. Webel, S. Reese, E. Kienzle (2017): Effect of a high phosphorus diet on indicators of renal health in cats. Journal of Feline Medicine and Surgery Volume: 20 issue: 4, page(s): 339-343

Jerzy P. Gawor, Alexander M. Reiter, Katarzyna Jodkowska, Grzegorz Kurski, Marek P. Wojtacki, Anna Kurekz (2006): Influence of Diet on Oral Health in Cats and Dogs.- American Society for Nutrition. J. Nutr. 136: 2021 - 2023, 2006.

P. Hertel-Böhnke (2018): Einfluss der Phosphorquelle und des Calcium-Phosphor Verhältnisses bei Phosphorüberversorgung auf Parameter der Nierengesundheit bei der Katze.- Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München

E. Ritz, K. Hahn, M. Ketteler,M. Kuhlmann,J. Mann (2012): Gesundheitsrisiko durch Phosphatzusätze in Nahrungsmitteln - Phosphate Additives in Food - a Health Risk.- Dtsch Arztebl Int 2012; 109(4): 49-55

Stiftung Warentest (3/2014): Katzenfutter - Macht die Katze froh

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