Anpassung von Aquarienpflanzen an ihre Umwelt

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Hygrophilla difformis

Der Indische Wasserstern (Hygrophilla difformis) verändert seine Blattform deutlich, wenn er aus dem Wasser wächst. Er wird ausschließlich in der attraktiveren Unterwasserfrom angeboten.

Amerikanisches Kammblatt

Bei diesem Amerikanischen Kammblatt ist die Umstellung auf die Unterwasserform gut zu sehen. Die unteren Blätter sind noch grün und ganzrandig. Die nachgewachsenen Unterwasserblätter sind kammförmig und kupferfarben.

So manch ein Aquarianer wundert sich, dass die gekauften Aquarienpflanzen nach einigen Wochen nicht mehr so aussehen wie im Händlerbecken. Andere fühlen sich betrogen, wenn der bestellte Echinodorus im Topf ganz anders ausssieht, als der auf dem Bild in der Aquarienzeitschrift.
Aquarienpflanzen verändern ihr Aussehen in Abhängigkeit von den Umweltbedingungen. Temperatur, Tageslänge und natürlich ob die Pflanzen unter oder über Wasser wachsen, beeinflussen die Farbe und die Form der Blätter.

Was sind Aquarienpflanzen?

Als Aquarienpflanzen finden sowohl echte Wasserpflanzen als auch Sumpfpflanzen Verwendung. Es handelt sich um krautige, mehrjährige Gewächse, die in der Natur an und im Wasser wachsen. Die meisten Arten stammen aus den Tropen oder Subtropen, einige wenige aus den warm gemäßigten Breiten. Unsere einheimischen Wasserpflanzen bevorzugen kühleres Wasserund lassen sich nicht oder nur schlecht bei Temperaturen über 20°C kultivieren. Cabomba, Vallisneria, Ceratophyllum, Najas, Aponogeton, Nymphaea und einige andere Arten sind echte Wasserpflanzen. Sie leben ständig untergetaucht. Außerhalb des Wassers können sie nicht existieren. Trockenzeiten in ihrem natürlichen Lebensraum überdauern sie als Samen oder ruhen ohne Blätter als Knolle im Boden. Lediglich die Blüten werden bei den meisten Arten aus dem Wasser gehoben und von Insekten oder mit Hilfe des Windes bestäubt. Bei Nix- und Hornkraut bleiben sogar die Blüten unter Wasser.
Echinodorus, Cryptocoryne, Myriophyllum, Alternanthera, Microsorum, Bolbitis und viele andere Aquarienpflanzen sind Sumpfpflanzen. In der Natur wachsen sie an Standorten mit wechselndem Wasserstand. Während der Regenzeiten sind sie völlig überflutet, sinkt der Wasserstand stehen sie auf dem Trockenen oder nur noch mit den Wurzeln im Wasser.
Viele über Wasser gezogene Sumpfpflanzen verändern ihr Aussehen, wenn sie ins Aquarium gepflanzt werden. Meistens werden die Blätter schmaler, feiner und dünner. Oft verändert sich auch die Farbe.

Umstellung auf die Unterwasserkultur

In Aquarienpflanzengärtnereien werden die meisten Pflanzen über Wasser kultiviert. Das ist aber für die spätere Kultur im Aquarium unproblematisch. Die Pflanzen stellen sich um, um besser an das Wasserleben angepasste Blätter zu bilden.
Die Landform unterscheidet sich nicht von anderen Pflanzen:
- sie hat Festigungsgewebe in den Blättern, Stielen und Leitgefäßen, um aufrecht stehen zu können
- sie hat eine Wachsschicht als Verdunstungsschutz
- sie hat Teilweise Behaarung oder bildet Abwehrstoffe gegen Insekten
- es sind Spaltöffnungen vorhanden

Die Wasserformen reduzieren überflüssige Strukturen und sparen so Energie:
- kein Festigungsgewebe und dünnere Zellwände, weil der Auftrieb im Wasser die Pflanzen hält
- dünne Wachsschicht ohne Verdunstungsschutz, das erleichtert die Aufnahme von gasen und Nährstoffen aus dem Wasser
- keine Aromastoffe oder Behaarung zur Abwehr von Insekten
- keine oder wenige Spaltöffnungen, da der Gasaustausch über die gesamte Blattfläche erfolgt.

Das Aussehen ist teilweise völlig anders! Bei der Umstellung auf die Unterwasserkultur machen die Pflanzen abhängig von Art oder Sorte Veränderungen durch. Die ursprünglichen Landblätter bleiben auch unter Wasser in ihrer Form überwiegend gleich. Bei einigen Pflanzen, z. B. beim Flutenden Pfeilkraut (Sagittaria subulata), strecken sich die Blätter. Bei Wasserkelchen und Froschlöffeln werden manchmal die Blattstiele länger. Die meisten anderen Pflanzen stoßen ihre alten Blätter aber einfach ab, während sie Unterwasserblätter bilden. Manchmal sterben die alten Blätter schneller ab, als neue gebildet werden können. Darum ist es möglich, dass an einem Froschlöffel nach ein bis zwei Wochen nur noch wenige Blätter sind. Das ist jedoch kein Grund zur Sorge. Die ursprünglichen Blätter sind an die Bedingungen unter Wasser nicht angepasst. Ihnen fehlt zum Beispiel ein ausreichend großes System an Luftgefäßen (Aerenchym), dass für submerse Pflanzen zur Sauerstoffversorgung notwendig ist. Darum werden die in den emersen Blättern enthaltenen Nährstoffe von der Pflanze in das Rhizom, die Knolle oder den Stängel zurückgezogen und die Blätter abgestoßen. Dabei werden zuerst die älteren Blätter gelblich. Das lässt sich auch mit zusätzlicher Düngung nicht vermeiden.
Die aus den Blättern zurück gewonnenen Nährstoffe nutzt die Pflanze zunächst für die Bildung neuer Wurzeln. Das ist notwendig, um ausreichend Halt und Nährstoffe zu finden. Erst wenn die Pflanze gut angewachsen ist beginnt eine verstärkte Produktion von Blättern. Bei den meisten Froschlöffeln verläuft dieser Prozess recht schnell. Innerhalb von einem Monat können sechs oder mehr neue Unterwasserblätter gebildet werden. Bei vierundzwanzigstündigem Dauerlicht können es auch 15 bis 20 neue Blätter sein. Das hängt aber stark von der Art oder Sorte ab. Diese Entwicklung wird durch eventuelles Umpflanzen unterbrochen, weil die Pflanze erneut Reservestoffe aus den Blättern entzieht um neue Wurzeln zu bilden.
Auch Stängelpflanzen mobilisieren zunächst Nährstoffe aus ihren älteren Blättern um Wurzeln zu bilden. Der Verlust der unteren Blätter ist darum normal. Die älteren Blätter vor dem Pflanzen zu entfernen, schwächt die Pflanze und zwingt sie Nährstoffe aus jüngeren Blättern zu entziehen. Darum sollten nicht mehr als die unteren zwei oder drei Blattpaare entfernt werden, falls diese sonst beim Stecken mit in den Boden gelangen und faulen würden. Beschädigte oder faulende Blätter werden immer entfernt.

Veränderung der Blattformen

Während sich die Pflanzen auf die Bedingungen des Unterwasserleben einstellen, verändern viele ihre Blattform und auch ihre Farbe zum Teil sehr stark. Diese Veränderung der Blattform, die durch einen Wechsel in den äußeren Bedingungen hervorgerufen wird, heißt Heterophyllie (Blattpolymorphismus).
Teilweise sind die Veränderungen bei der Umstellung so stark, dass die überwasser- und die Unterwasserform sich nicht mehr ähneln. Besonders deutlich ist das beim Indischen Wasserwedel (Hygrophila difformis) zu sehen. Die Unterwasserblätter sind bis zu 10 cm lang und tief geschlitzt. Die Überwasserblätter sind kleiner, eiförmig mit gezahntem Rand und filzig behaart. Auch die Rundblättrige Rotala (Rotala rotundifolia) verändert sich stark. Die namensgebenden runden Blätter hat die Pflanze nur über Wasser. Dann sind sie rund, grün und fettig glänzend. Die Unterwasserblätter sind länglich und rosa-rot. Das Amerikanische Kammblatt (Proserpinaca palustris) ändert ebenfalls die Form und Farbe seiner Blätter. Die Überwasserblätter sind grün und haben einen gezahnten Rand. Unter Wasser sind die Blätter kammförmig und rot-orange.
Auch die Kleefarne (Marsilea sp.) verändern sich während der Umstellung manchmal so stark, dass sie nicht wieder zu erkennen sind. Die Überwasserblätter haben bis zu 30 cm lange Stiele auf denen vier Blattsegmente sitzen. Die Pflanzen sehen also aus wie ein typischer Glücksklee. Unter Wasser sind die Stiele nur noch 3 bis 8 cm lang und die Spreiten sind dreizählig fiederteilig oder löffelförmig.
Diese Veränderung ist normal und durch Veränderungen im Hormonhaushalt der Pflanzen bedingt.

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Wilstermann-Hildebrand, M. (2010): Polymorphismus bei Aquarienpflanzen.- Amazonas 31, 54-57

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