Als ich noch einen Onlineshop hatte, wurde ich immer wieder nach "Parasitenfreien" Pflanzen gefragt und konnten immer wieder nur die selben Antworten geben. Um das das zu vereinfachen, habe ich dann hier die wesentlichen Punkte einmal zusammen gefasst.
Trotz intensiver Recherche konnte ich keine Veröffentlichung finden, die sich mit der übertragbarkeit von Fischkrankheiten durch
Pflanzen befasst. Es gibt dafür eine Reihe von Untersuchungen, die eine Reduktion von Krankheitserregern durch Wasserpflanzen nachweisen.
Diese beziehen sich aber meist auf Bakterien, die für Menschen gefährlich sein können und nicht auf Fischkrankheiten oder Parasiten. Eine telefonische
Anfrage bei der Tierärztlichen Hochschule in Hannover hat ergeben, dass bei Erregern, die außerhalb des Wirtstieres mehrere Tage im
Wasser überleben können, zumindest ein theoretisches übertragungsrisiko besteht. Dieses Problem löst sich aber, wenn man die Pflanzen 14 Tage
bis 4 Wochen in fischfreien Aquarien kultiviert - also genau wie jeden (!) neu gekauften Fisch in Quarantäne nimmt.
Die fehlende Quarantäne bei Fischen ist der Hauptweg, sich Krankheiten ein zu schleppen und nicht zusammen mit
den Pflanzen. Auch Frostfutter kann bedenkliche Krankheitserreger beinhalten.
Auch müssen die Pflanzen nicht die Ursache für eine Krankheit sein, wenn sie nach dem Einbringen neuer Pflanzen auftritt.
Beispielsweise können latente Krankheiten ausbrechen, wenn durch die Umräumaktion oder verspätete Wasserwechsel Stress zu bei den
Tieren kommt.
Besonders unter den Diskusfreunden gibt es aber Aquarianer, die sich eine Garantie dafür wünschen, dass an den von ihnen
erworbenen Pflanzen keine Erreger von Fischkrankheiten sind. Unglücklicherweise kann ihnen die niemand geben, weil es dafür keinen Test gibt. Es ist
allerdings möglich, dass Risiko zu minimieren, in dem man zum Beispiel den Pflanzen aus europäischen Gewächshäusern den Vorzug
vor Importware gibt, bzw. sich auf über Wasser gezogene Pflanzen beschränkt. In Asien werden die Pflanzen nämlich im Freiland in Teichen angezogen,
in denen zum Teil auch Fische leben, bzw. die mit Wasser aus natürlichen, nicht fischfreien Gewässern gefüllt sind.
Einen überblick über die Vermehrungs- und Kulturmethoden bei Aquarienpflanzen ist hier zusammen gestellt.
Viele Aquarienpflanzen werden in Asien kultiviert, weil die Produktionskosten dort geringer sind. Die Sonne liefert ausreichend
Energie und Licht, Wasser wird direkt mit Hilfe von Gräben aus natürlichen Gewässern zugeführt und auch dorthin wieder abgeleitet. Wasser,
Licht und Wärme stehen also in Asien für die Produktion kostenlos zu Verfügung, während sie in Europa teuer bezahlt werden müssen.
Besonders die günstigen Unterwasser-Bundpflanzen werden darum dort produziert. Die Pflanzen werden dazu im Freiland in Teichen kultiviert.
Diese sind zum Teil ohne jede Abdichtung direkt in den Boden gegraben und
nur mit Holzbohlen oder Mauern eingefasst, um sie gegen das Abrutschen
der BÖschung zu sichern. Selten sind es vollständig aus Beton gefertigte Becken. Als Kultursubstrat dient in jedem Fall Erde aus dem
Aushub. Diese wird zur Düngung mit Hühnermist vermischt.
In Bezug auf die Parasitenfreiheit ergibt sich also eine
ganze Reihe von Risikofaktoren. Die Organismen aus dem Boden und dem Hühnerkot
sind dabei noch das geringste Problem. Da das Wasser ungefiltert über
Gräben zu den Teichen gelangt, können so auch Fische in die Kulturteiche
kommen. Krankheitserreger, die in der Umgebung der Pflanzenfarmen auftreten
kommen dann mit den Pflanzen in Kontakt. Besonders groß ist dieses
Risiko, wenn in einem Gebiet nicht nur Wasserpflanzenfarmen, sondern auch
Zierfischzüchter angesiedelt sind, die gleiche Be- und Entwässerungssystem
nutzen.
Es ist dennoch unwahrscheinlich, dass Erreger von Fischkrankheiten
an den Pflanzen haftend in das Aquarium gelangen. Zum einen ist die Konzentration
dieser Organismen im Teichwasser verschwindend gering, weil in den Kulturen,
wenn überhaupt, nur ein sehr dünner Besatz mit Fischen zu finden
ist und sich Fischpathogene nun mal nicht auf Pflanzen, sondern auf Fischen
vermehren. Zum anderen setzen sich die einzellige Krankheitserreger, wie
Flagellaten, nicht an den Pflanzen fest, sondern wären, wenn überhaupt
im Wasserfilm auf deren Oberfläche zu finden. Die Pflanzen werden
aber vor dem Versand geputzt, gespült und dann ohne Wasser verpackt.
In Deutschland angekommen, landen sie in der Regel in einem Wasserbecken
beim Importeur oder direkt beim Zoohändler. Wenn sie nun im Zooladen
nicht in überbesetzten Verkaufsbecken mit kranken Fischen schwimmen,
dann sind die Pflanzen bis hierher keinen oder nur sehr wenigen Fischparasiten
begegnet. Man ist also relativ sicher, wenn man seinen Händler bittet,
die gewünschten Pflanzen zu bestellen, und sich zu melden, wenn die
Lieferung da ist. Dann kann man sie abholen, ohne dass der Händler
sie erst in seinen Becken lagern muss. Auch über das Internet sind
Pflanzen zu beziehen, die direkt aus Gewächshäusern stammen und
nicht erst in Fischbecken gelagert wurden.
Wer das Risiko einer Einschleppung möglichst minimieren will, kann generell auf alle unter Wasser kultivierten Pflanzen verzichten. Es drei Gruppen von Aquarienpflanzen. Zur ersten gehören alle, die ausschließlich unter Wasser wachsen. Dazu gehören alle Froschbissgewächse (Hydrocharitaceae) wie die Wasserpestarten (Egeria, Elodea, Lagarosiphon), die Sumpfschrauben (Vallisneria), das Fadenkraut (Blyxa) und die Ottelien (Ottelia), sowie die Haarnixen (Cabomba) und alle Seerosenartigen (Nymphaeaceae), wie der Tigerlotus oder die Barclaya. Die zweite Gruppe bilden Pflanzen, die als Sumpfpflanzen auch über Wasser wachsen, aber in ihrer Unterwasserform attraktiver sind. Das sind unter anderem der Indische Wasserstern (Hygrophila difformis), Tausendblätter (Myriophyllum sp.), Sumpffreunde (Limnophila sp.) und die Rotala-Arten. Die dritte Gruppe bilden die Pflanzen, die nur als Bundware verkauft werden, weil sie dann günstiger sind. Das Bund stellt dann lediglich die Billigvariante vom Topf dar. Mit dem Unterschied, das Bunde nicht von alleine aufrecht stehen und darum im Wasser gelagert werden müssen. Wählt man aus den letzten beiden Gruppen die über Wasser gezogenen Pflanzen im Topf, kann man sicher sein, dass sie während der Kultur nur mit den Wuzeln in einer fischfreien Nährlösung waren.
Der Topf ist keine Garantie dafür, dass die
Pflanzen über Wasser gezogen wurden. Pflanzen in Töpfen werden
in der Regel über Wasser kultiviert. Nur sehr wenige wachsen in Töpfen
unter Wasser oder werden unter Wasser kultiviert und dann erst direkt vor
dem Verkauf in Töpfe gepflanzt. Letzteres wird zum Beispiel bei Tigerlotus
und Fadenkraut gemacht. Manchmal wird auch bei Sumpfschrauben
oder anderen Bundpflanzen so verfahren, um die Verwendung von Blei zu vermeiden.
Froschlöffel (Echinodorus), Wasserkelche
(Cryptocoryne) und Speerblätter (Anubias) sind typische
Topfpflanzen, die über Wasser kultiviert werden. Bei den Speerblättern
kann eine Vermehrung durch Teilung erfolgen. Einige Froschlöffel-Sorten,
aber nicht alle bilden ausreichend Adventivpflanzen, um vegetativ vermehrt zu werden
und ein verschwindend geringer Anteil an Wasserkelchen wird über Ausläufer
vermehrt. Hauptsächlich werden diese drei Pflanzengattungen aber im
In-vitro-Labor unter sterilen Bedingungen vermehrt und dann in Gewächshäusern
über Wasser groß gezogen. Das Kulturwasser in den Gewächshäusern
wird in Kreislaufsystemen umgepumpt. Aus einem Vorratsbecken wird es auf
die Kulturtische geleitet. Je nach Kulturführung wird dabei immer
ein Wasserstand von wenigen Zentimetern auf dem Tisch gehalten oder es
wird in einem Ebbe-Flut-System abwechselnd angestaut und wieder abgelassen.
Dabei sind dann nur die Wurzeln der Pflanzen im Wasser. Das Kulturwasser
ist mit Dünger versetztes Regen- oder Leitungswasser, das zum Teil
vor der Verwendung durch eine Wasseraufbereitungsanlage läuft. Die
so kultivierten Pflanzen bieten in Bezug auf die Parasitenfreiheit viel
Sicherheit, weil sie nicht mit Fischen oder Fischwasser in Kontakt kommen.
Pflanzen aus dem In-vitro-Labor
direkt aus dem sterilen Becher, bieten die größtmögliche Sicherheit in Bezug auf Fremdorganismen jeder Art.
Seit die Pflanzen von verschiedenen Laboren in dieser
Form direkt für den Aquarianer angeboten werden, habe ich mich gefragt,
ob diese doch sehr kleinen Gewächse eine Umstellung auf die Aquarienkultur
überhaupt schaffen können. Aus der gärtnerischen Praxis
weiß ich, wie empfindlich die Pflanzen auf Pilze und Bakterien reagieren
können. Freundlicherweise stellten mir sowohl das Labor von Rainer
Dietz als auch Damer und Mensch Gartenbau einige Becher mit In-vitro-Pflanzen
zur Verfügung um sie im Aquarium zu testen.
Die Pflanzen wurden in zwei 12-Liter-Becken mit gewaschenem
Kies (2-3 mm) gepflanzt und zwei Monate kultiviert. Das Pflanzen erwies
sich als etwas schwierig, weil die einzelnen Pflänzchen sehr klein
sind. Ein Echinodorus ist direkt aus dem Labor etwa 3 bis 4 cm hoch. Stängelpflanzen
wie Ludwigia ´Rubin´ oder das Große Fettblatt (Bacopa caroliniana) sind kaum länger als 5 bis 6 cm. Noch kleiner sind
so zierliche Gewächse wir das Australische Zungenblatt (Glossostigma
elatinoides) oder das Perlkraut (Hemianthus callitrichoides).
Solche Pflanzen bilden aber einen knorpeligen Gewebeklumpen an der Basis
aus dem die Triebe herauswachsen. Teilt man diesen nicht, kann man die
Pflänzchen in kleinen Tuffs setzen. Trotzdem benötigt man für
die Arbeit mit den In-vitro-Pflanzen eine Pinzette, Fingerspitzengefühl
und Geduld.
Im Becher wachsen die Triebe von Stängelpflanzen durcheinander und die Wurzeln von Froschloffeln verknoten sich. Nach dem
Abwaschen des Kulturmediums werden die Pflanzen darum vereinzelt. Das muss
vorsichtig geschehen, damit sie nicht zerbrechen, knicken oder gequetscht
werden. Dann kann man sie genau wie andere Aquarienpflanzen verwenden.
Einige Arten bilden in den In-vitro-Bechern wenig oder
keine Wurzeln. Dadurch halten sie schlecht im Substrat. Es muss darum sehr
vorsichtig gesteckt werden, damit zum Beispiel die Wellenbewegung beim
Herausziehen der Hand die Pflanzen nicht wieder hoch wirbelt. Es ist ratsam
die Pflanzen vor dem Einsatz im Diskus- oder Gesellschaftsbecken zunächst
vor zu kultivieren, da die Aktivität von Fischen, Garnelen oder Schnecken
das Anwachsen zusätzlich erschwert.
Wie bereits oben erwähnt habe ich mehrere Kleinaquarien
verwendet. Sie sind ausgestattet mit Licht und Filter ohne Tierbesatz zwei
Monate (30.10. bis 30.12.2008) gelaufen. In dieser Zeit wurde das Wasser
etwa alle zwei Wochen gewechselt. Die Düngung erfolgte mit dem Langzeitdünger
von Aquafim (Ferrdrakon Power). Nach zwei Monaten wurde das Experiment
beendet, weil die Froschlöffel, Fettblätter und auch die Ludwigia
über die Wasseroberfläche hinauswuchsen.
Nach diesem Experiment kann ich jedem, der sich an der
Kultur von In-vitro-Pflanzen versuchen möchte, raten einige Dinge
zu beachten. Die Pflanzen sind zu Beginn sehr klein und sollten darum in
einem separaten Aquarium ohne Fischbesatz vorkultiviert werden. Der Kies
sollte gewaschen und wenn möglich abgekocht oder gedämpft werden,
um Algensporen so weit es geht zu reduzieren. Aus demselben Grund sollte
auch abgekochtes Wasser verwendet werden. Algenbewuchs hemmt das Wachstum
der Pflanzen. Natürlich müssen auch die Wasserwerte den Bedürfnissen
der Pflanzen entsprechen.
Es ist davon auszugehen, dass nur jemand Interesse an
parasitenfreien Pflanzen hat, dessen Aquarienanlage parasitenfrei ist.
Die Verwendung von Quarantänebecken für Fische, in denen Neuzugänge
vier bis sechs Wochen beobachtet werden, bevor sie zu den alteingesessenen
Tieren kommen, ist selbstverständlich. Auch dass Fangnetze, Schläuche
und Eimer regelmäßig desinfiziert werden.
In diesem Fall sollte es genauso selbstverständlich
sein, ein Quarantänebecken für Pflanzen zu haben. Die Erreger
von Fischkrankheiten durchlaufen gewisse Entwicklungszyklen, die die Anwesenheit
von Fischen voraussetzt. Die infektiÖsen Stadien sind nur begrenzte
Zeit außerhalb eines Wirtstieres lebensfähig. Kiemenwürmer
(Dactylogyrus sp.) sterben zum Beispiel ab, wenn ihnen länger
als drei Wochen keine Wirtstiere zur Verfügung stehen. Von Pflanzen,
die über diesen Zeitraum in einem Aquarium ohne Fische kultiviert
worden sind, geht also diesbezüglich keine Gefahr aus. Es ist zu vermuten,
dass auch andere Parasiten und einzellige Krankheitserreger in dieser Zeit
absterben. Wie bereits oben erwähnt, gibt es dazu aber keine wissenschaftlichen
Untersuchungen.
Vielen Diskushaltern ist das aber noch immer zu unsicher
oder einfach zu langwierig. Sie bevorzugen es die Pflanzen direkt in Desinfektionsbädern
zu behandeln. Verwendung finden dabei zum Beispiel Kaliumpermanganat und
Alaun. Es fehlen aber Untersuchungen, welche Erreger, bei welcher Konzentration
in welchem Zeitraum abstirbt. Die Angaben zur Dosierung sind entsprechend
vage. Der Einsatz von Fischmedikamenten ist sicherer, weil Konzentration
und Anwendungsdauer genau angegeben werden. Leider vertragen nicht alle
Pflanzen den Kontakt mit Chlorid, Acriflavin (Trypaflavin) oder Kupfer.
Die Behandlung kann also auch zum Tod der Pflanzen führen.
Eine Garantie für das völlige Fehlen von Krankheitserregern an Aquarienpflanzen kann Niemand geben. Es gibt aber auch keine wissenschaftlichen Beweise für die übertragbarkeit von Fischkrankheiten durch Wasserpflanzen. über Wasser kultivierte Pflanzen, die beim Händler in fischfreien Aquarien gelagert werden, bieten aber eine größtmögliche Sicherheit, weil sie nie mit Fischen in Kontakt kamen. Die sterilen Pflanzen aus dem Labor müssen etwa zwei Monate vorkultiviert werden, bevor sie eine Größe erreichen, die mit der von normalen Pflanzen aus dem Zoohandel vergleichbar ist.
Literatur:
G. Bassleer (2006): Der neue Bildatlas der Fischkrankheiten.- Aquarium Münster
R. Geissler (1965): über die Bedeutung der Infektionskrankheiten bei der Zucht von Diskusfischen.- DATZ 18(3), 73-78
H. Mülder, R. Baur-Kruppas: (2006): Pathogene Bakterien im Meerwasseraquarium - Teil 2: Keimbelastung im Frostfutter.- Koralle 38, 64-67
E. Thaler, D. Knop (2003): Frostfutter oder Frustfutter?- Koralle 20, 74-77
M. Wilstermann-Hildebrand (2009): Parasitenfreie Pflanzen.- Diskus live, 58-65
M. Wilstermann-Hildebrand (2010): Pflanzen aus der Konserve - vom In-vitro-Becher direkt ins Aquarium?- Amazonas 27, 58-61
M. Wilstermann-Hildebrand, C. Hildebrand (2010): Pflanzen im Diskus-Aquarium.- Amazonas 30, 50-53
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